10. Münzstätte im Piluteksche Haus
Wie bereits gesagt, wurde Hans Losch nach dem Tode von Dietrich Rundt der neue Münzmeister in Teschen. Der Vertrag zwischen ihm und der Herzogin wurde am 23. April 1647 für drei Jahre geschlossen. Er unterschied sich nur durch Einzelheiten von dem vorherigen. Es ist vielleicht eine interessante, erwähnenswerte Kleinigkeit, dass die Herzogin dem Münzmeister außer der Versorgung mit Holz, auch die Belieferung mit Kohle vertraglich zugesichert hatte. Die Lieferung musste jedoch auf seine Kosten stattfinden. Etwas anderes ist jedoch viel interessanter. Wir finden nämlich in dem Vertrag mit Losch eine Notiz darüber, dass die Herzogin dem Münzmeister gestattete, in seinem Haus zu wohnen und zu arbeiten. Das Haus wurde das „Piluteksche Haus” genannt (in unserm Bilotkische Hause zu Teschen”). Wir sollten uns daher einige Zeit mit dem Thema beschäftigen, wo tatsächlich die Teschener Münzen hergestellt worden waren. Das heißt damit, wo sich eigentlich die Teschener Münzstätte befand. In der allgemeinen Meinung war das Haus in der Münzgasse (ul. Mennicza) 46 „schon immer” der Sitz der Münzstätte. Das Gebäude nannte man früher das Bludowski-Haus und heute ist es nach einigen Umbauten der Sitz der Teschener Geschichtlichen Bibliothek für Landeskunde. Tatsache ist, dass dort einmal einige Zeit wirklich die Münzstätte im Betrieb war, und dass von ihr auch die Straße ihren Namen erhalten hatte. Das Bludowski-Haus wurde aber erst im Jahre 1719 erbaut, und das Haus, in dem in alten Zeiten Münzen hergestellt worden waren, lag ein wenig darunter, nämlich auf dem Grundstück des Hinterhauses. Wichtiger jedoch ist die Tatsache, dass die Münzstätte nicht immer an dieser Stelle untergebracht war. Im Grunde genommen, wissen wir nicht, wo vor dem Jahre 1643 die einzelnen Münzmeister die Münzen hergestellt hatten. Die städtischen Dokumente und die bereits erwähnten Verträge sagen nichts darüber aus, ob es ein gesondertes Gebäude gegeben hatte, das man Münzstätte nannte. In den Schriftstücken ist nur darüber die Rede, dass die Münzrechte verpachtet werden würden, nichts aber über die materiellen Objekte, die für die Produktion erforderlich waren. Die häufigen Unterbrechungen der Münztätigkeit lassen vermuten, dass sich die Münzstätte die meiste Zeit an unterschiedlichen Stellen befand. Gewöhnlich waren es private Häuser, die den Münzmeistern zur Verfügung standen. Eventuell war die Münzstätte auch im Teschener Schloss untergebracht. In diesem Fall hätte sich jedoch der Herzog nicht an die städtischen Behörden mit der Forderung wenden müssen, die Münzmeister bei ihrer Arbeit nicht zu stören. Sicherlich erst zu Zeiten von Friedrich Wilhelm war die Münzstätte an einer festen Stelle im Betrieb. Sie muss auch bereits eine ziemlich ansehnliche Ausstattung gehabt haben, deren sich im Jahre 1626 die Besatzungstruppen bemächtigt hatten. Das allererste Mal wurde erst im Vertrag aus dem Jahre 1647 eine bestimmte Produktionsstelle der Münzen genannt. Gleichzeitig jedoch weist der Name darauf hin, dass es sich um ein Haus handelte, das im Besitz der Familie Pilutek war. Da das Haus erst im Jahre 1643 in den Besitz der Herzogin übergegangen war, konnte dort früher die Münzstätte nicht ihren Sitz haben, es sei denn, das Objekt wurde gemietet.
Die Familie Pilutek war mit der Geschichte von Teschen nur kurz, aber auf turbulente Weise verbunden. Das uns interessierte Gebäude existierte jedoch bereits früher. Es befand sich meistens im Besitz des Adels. Der Adel kaufte nämlich gerne Häuser im Zentrum der Stadt und im Mittelalter war die Gegend um den Theaterplatz das Zentrum, weil dort die Pfarrkirche stand. In der Nähe der Kirche standen in der Mitte des 16. Jahr-hunderts sogar zwei Häuser, die sich beide im Besitz der einflussreichen Familie Rudzki befanden. Das erste Haus war Eigentum von Erasmus Rudzki und das zweite gehörte dem Kanzler des Teschener Herzogtums Wenzel Rudzki. Bei dem zweiten Haus handelt es sich höchstwahrscheinlich um das Haus, in dem Pater Gregor Czaidych wohnte, und das nach seinem Tode Herzog Wenzel im Jahre 1547 seinem Kanzler geschenkt hatte. Der Kanzler war eine der einflussreichsten Personen bei Hofe. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Gebäude, in dem Pater Czaidych wohnte, vor der Einführung des Protestantismus im Teschener Herzogtum im Besitz der Teschener Pfarrgemeinde war. Hundert Jahre später nämlich hatte der Teschener Dekan Adam Fritsch versucht, das Piluteksche Haus als Vermögen der Maria-Magdalena-Kirche zurückzuerlangen.
In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts durch Verschwägerung mit der Familie Rudzki aus Rudze ging das Stadthaus in den Besitz der Familie Pilutek über. Die Familie Pilutek (in den historischen Quellen kommt der Familienname auch als Bilutek, Bylotek, Pilotek und ähnliches vor) stammte aus Freistadt. Dort begegnen wir erstmalig im Jahre 1599 Jakob Pilutek und seiner Frau Magdalena. Magdalena war eine Adelige, die Tochter des Herrn Sigismund Rudzki aus Rudze. Jakob Pilutek dagegen war höchstwahrscheinlich bürgerlicher Herkunft. Er hatte jedoch die verantwortungsvolle und sehr einträgliche Stellung eines kaiserlichen Steuer-einnehmers innegehabt. Später war er nach Teschen umgezogen, wo er als Bevollmächtigter die Kupferkammer leitete, die im Jahre 1621 von der Bankiersfamilie Fugger aus Augsburg aufgebaut worden war. Pilutek starb ungefähr im Jahre 1626 und es ist nicht ausgeschlossen, dass er gegen Ende seines Lebens in den Adelsstand erhoben wurde, wie es bei einigen anderen Steuereinnehmern im Teschener Herzogtum im 17. Jahrhundert der Fall war. Sein Erbe Wenzel Pilutek hatte sich jedenfalls für einen Adeligen gehalten. Er verhielt sich immer ziemlich anmaßend, umgab sich mit Adeligen und wir treffen ihn zum Beispiel an, als er im Jahre 1634 in Troppau mit anderen Vertretern des Teschener Adels an dem sogenannten Freiberger Aufstand gegen die Habsburger teilnimmt. Er wurde verhaftet, kam aber mit heiler Haut davon und war dann sogar Berater der Teschener Herzogin Elisabeth Lukretia geworden. Er war jedoch im Jahre 1643 bei ihr in Ungnade gefallen und zwar ziemlich ernsthaft. Heute wissen wir jedoch nicht wodurch. Die anonym herausgegebene Schrift „Skotschauer Denk-würdigkeiten” berichtete, dass Pilutek mündliche und schriftliche Äußerungen gegen die Herzogin gerichtet hätte, aber seine Behauptungen nicht beweisen konnte. Weder der kaiserliche Geleitbrief noch die Schutzsuche im Domini-kanerkloster in Teschen hatten Pilutek geholfen. Er wurde von den herzoglichen Beamten verurteilt und das Urteil ließ die Herzogin von drei städtischen Gerichten (in Teschen, Skotschau und wahrscheinlich in Freistadt) bestätigen. Das Gericht erkannte auf Tod durch Vierteilung. Als Gnadenbeweis hatte Elisabeth Lukretia die Strafe abgemildert und Pilutek war enthauptet worden. Dies geschah im November 1643 und die Herzogin versäumte es nicht, das Piluteksche Vermögen zu beschlagnahmen. Auf diese Weise war also ein Haus, das sich früher im Besitz der Familie Rudzki, dann der mit ihr verschwägerten Fami-lie Pilutek befand, schließlich in die Hände der Herzogin gekommen. Sie richtete dort die Münzstätte ein. Es ist noch hinzuzufügen, dass lange Zeit, nämlich bis in die Hälfte des 18. Jahrhunderts, das Gebäude abwechselnd „die alte Münzstätte” oder „das Piluteksche Haus” genannt wurde. Nach dem Tode der Herzogin versuchte die Familie Pilutek vergeblich, das Haus zurückzubekommen.
Für uns ist es wichtig zu wissen, dass während der danach kommenden zehn Jahre im Piluteksche Haus die Teschener Münzstätte im Betrieb war. Es ist nicht bekannt, ob bereits Dietrich Rundt dort Münzen hergestellt hatte. Ganz sicher ist es jedoch, dass Hans Losch in diesem Haus seine Werkstatt eingerichtet hatte. Im allgemeinen hatte Losch die Tätigkeit seines Vorgängers fortgesetzt: Er prägte nur die Kreuzer (in den Jahre 1647-1649) und die Dreikreuzer (1647-1649) mit dem Brustbild von Kaiser Ferdinand III. und seiner Rangbezeichnung auf dem Avers und mit dem Teschener Adler auf dem Revers.
Darüber hinaus arbeitete in dem gleichen Gebäude ein Münz-meister namens Ludwig Bremen, der aber dem Titel nach Münzmeister von Skotschau war. Nachdem nämlich Hans Losch Münzmeister in Teschen geworden war, übernahm im September 1648 für die Dauer eines Jahres Hans Bremen (auch Brohon genannt) seine Aufgaben in Skotschau. Wegen des Widerstandes einiger Personen in der Stadt (sicherlich der Stadtbürger), erlaubte die Herzogin ihrem neuen Pächter, die Münzwerkstatt in seinem eigenen Haus in Teschen einzurichten. Sie befreite das Haus von Bremen ebenfalls von der Pflicht, Soldaten einzuquartieren und auch von den anderen Militärverpflichtungen. In Wirklichkeit jedoch, wie wir unten sehen werden, hatte seine Münzwerkstatt ebenfalls in dem Piluteksche Haus ihren Sitz gehabt. So war es mindestens im Mai des Jahres 1649. Dadurch waren alle Münzen, die die Kennzeichnung der Skotschauer Münzstätte tragen, in Wirklichkeit in der Hauptstadt des Teschener Herzogtums entstanden. Ludwig Bremen hatte dann in den Jahren 1648-1649 die gleichen Münzen wie Losch, nämlich die Kreuzer und Dreikreuzer geprägt. Auch die für die Produktion der Münzen erforderlichen Stempel hatte eine und die gleiche Person angefertigt, nämlich der Teschener Goldschmied Christoph Berger. Unsere Kenntnisse darüber und über viele andere Sachen verdanken wir einer amtlichen Untersuchung, die im Jahre 1649 die kaiserlichen Behörden gegen das Münzstättenpersonal in Teschen angestrengt hatten