5. Die Zeiten von Herzog Wenzel Adam (1528-1579)
Angefähr im Jahre 1545 hatte Herzog Wenzel Adam, der Enkel und Nachfolger von Kasimir II., die persönliche Herrschaft übernommen. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts begann er erst mit der eigenen Münzherstellung. Die ersten Jahre seiner Regierungszeit verwendete er nämlich darauf, in Teschen die Reformation einzuführen. Erst im Jahre 1559 nahm die Münzstätte in Teschen ihren Betrieb wieder auf, da nach der damaligen Gepflogenheit der Herzog für einen bestimmten Betrag die Münzrechte an einen privaten Münzmeister verpachtet hatte. Zum ersten Münzmeister wurde Hans Enders (oder Endres). Anfangs war er auf Schwierigkeiten seitens der städtischen Behörden gestoßen. Wir können aus einem Schreiben des Herzogs aus dem Jahre 1560 an den Teschener Magistrat etwas darüber erfahren. Es geht daraus hervor, dass Enders nach Teschen 400 Münzmark Silber für die Münzprägung einführen sollte. Der Stadtrat hatte aber dies so lange nicht genehmigen wollen, wie lange der Münzmeister keine Haftungserklärung für eventuelle Feuerschäden unterschrieb. Da der Münzmeister alle Sicherheitsmaßnahmen bereits ergriffen habe, empfahl der Herzog den Ratsherren, weder ihn noch seine Helfer zu stören. Die von ihm hergestellten Münzen versah Enders mit einem Münzmeisterzeichen, das ein mit einer Lanze durchbohrtes Herz mit einem Fähnchen am Ende dargestellt hatte. Die meisten Münzen aus seiner Zeit sind bekannt. Ihr Nennwert ist unterschiedlich: er reicht von den kleinen Hellern bis zu den dreifachen Groschen (mit einem Gewicht von 2,57 Gramm). In Polen, wo man die dreifachen Groschen Dreilinge nannte, wurden sie von König Sigismund I. eingeführt.
Die erste Wirkungsperiode der Teschener Münzstätte zu Zeiten des Herzogs Wenzel Adam umfasst die Jahre 1559-1562. In dieser Zeit hatte Enders zwei Arten der dreifachen Groschen - auch Dreigröscher genannt - (beide im Jahre 1559) sowie drei Emissionen der Groschen auf den Markt gebracht. Auf den dreifachen Groschen zeigt der Avers das Porträt des Herzogs im reifen Alter, mit Bart und Schnurrbart und einem modischen hochgestellten Kragen. Auf dem Revers anstelle des Adlers hatte man folgende Worte geprägt: „BENEDICTIO DOMINI DIVITES FACIT” (Alleine der Segen Gottes macht reich). Diese Worte befinden sich übrigens auf allen Münzen aus der ersten Zeit des Münzwesens von Herzog Wenzel Adam. Genauso hatte man auf eine der Ausgaben des Groschen im Jahre 1559 ausschließlich die obenerwähnten Worte und das Porträt des Herzogs gesetzt. Interessanter jedoch sind die in den Jahren 1559, 1560 und 1561 geprägten Groschen. Auf ihnen hatte der Herrscher ein Abbild des heiligen Nikolaus, des Bischofs von Bari, prägen lassen. Auf dem Avers dieser Münze sieht man einen schön herausgearbeiteten bekrönten Adler aus der Spätrenaissance und auf dem Münzrand die Umschrift: „WENCESL. D.G.DVX.TESINE” sowie das Datum. Auf dem Revers sieht man zu dreiviertel die Gestalt des heiligen Nikolaus im Pontifikalgewand, der in der linken Hand das Brustkreuz und in der rechten Hand drei Kugeln auf einem Kissen hält. Es haben sich Ausgaben dieses Groschen erhalten, die die Aufschrift „S.NICO-LAV.EPISCOPVS” tragen. Auf dem Münzrand befindet sich die Lieblings-sentenz des Herzogs, ein Satz aus dem biblischen Buch der Sprüche (10,22). Die Aktivitäten von Bischof Nikolaus be-schränkten sich bekanntlich nicht darauf, Geschenke unter die Kinder zu verteilen. Die auf der Münze gezeigten Kugeln stellen drei Klümpchen Gold dar, die einer Sage nach der Heilige einem Nachbarn unter-geschoben hatte und es ihm dadurch ermöglichte, seine drei Töchter glücklich zu verheiraten. Herzog Wenzel Adam war ein protestantischer Herrscher und er war es, der die Ideen Martin Luthers für das Teschener Herzogtum für verbindlich erachtete, so dass verständlich ist, dass sich die Aufschrift auf der Münze auf die Bibel bezieht. Weniger verständlich ist jedoch das Abbild eines katholischen Heiligen auf Münzen eines protestantischen Herzogs. Sankt Nikolaus war der Schutzheilige der Schlosskapelle, der ältesten Kirche in Teschener Herzogtum. Daher die Mutmaßung, dass der Herzog darauf einwirkte, dass sich auf der Münze der Schutzherr des Schlosses und nicht zum Beispiel der Stadt zu befinden hatte. Wahrscheinlicher erscheint jedoch die Vermutung, dass es darum ging, die Münze so erscheinen zu lassen, dass sie denen ähnelte, die in den deutschen Ländern geprägt wurden. Die Abbildungen der Bischöfe waren nämlich als Prägemotive im 16. Jahrhundert sehr verbreitet. Man findet sie zum Beispiel auf den Münzen der Bischöfe von Salzburg oder Würzburg vor.
Aus dieser Zeit stammt auch ein sehr schlichter Heller ohne Datum, der nach dem Vorbild einer fremden Münze geprägt worden war. Darauf sieht man wieder einen bekrönten Adler und den Buchstaben „W”, welcher selbstverständlich der Anfangsbuchstabe des Herzogsnamens ist. Die Münze ist jedoch auf die nach dem Vertrag von 1511 in Breslau geprägten Münzen mit den Anfangsbuchstaben des Namens von dem tschechischen König Ladislaus (Władysław) II. Jagiellonczyk stilisiert. Der Heller war für den schlesischen Markt bestimmt und sollte an eine Münze von vor einigen Dutzend Jahren erinnern, die man als eine von besserer Qualität erachtet hatte. Zu Zeiten des Herzogs Wenzel hatte sich nämlich die Aktivität der Teschener Münzmeister darauf ein-gestellt, Münzen von nicht allzu guter Qualität nach außerhalb des Herzogtums auszuführen. Das hatte die Inflationsrate in den benach-barten Ländern erhöht. Diese Vorgehensweise, für die der Münzmeister zwar verantwortlich war, aber von der der Herzog Kenntnis haben musste, geschah vor allem zum Nachteil von Polen.
Im Jahre 1562 hatte eine andere Münze das Licht der Welt erblickt. Sie wog 0,6 Gramm und man nannte sie in Böhmen „trojník” und in Polen Dreier, weil sie den Wert von drei Heller oder drei viertel Kreuzer hatte. In jener Zeit hatte nämlich Ferdinand I. angefangen, in den Münzstätten des Böhmischen Reiches, unter anderem in Breslau, die Kreuzer zu prägen. Bei einem Kreuzer handelte sich um eine Kleinmünze aus Silber, die bereits seit dem 13. Jahrhundert in Tirol geprägt wurde, und die zur beliebtesten Umlaufmünze in Mitteleuropa geworden war. Auf dem Teschener Dreier finden wir wieder die bereits besprochene Sentenz aus dem Buch der Sprüche. Sie erschien sowohl auf dem Avers wie auch auf dem Revers und beide Male in folgender Abkürzung: „BENEDITIO DO[MIN]I DIVI[TES] F[ACIT]“. Außerdem befindet sich auf dem Avers der Teschener Adler mit Krone und auf dem Revers der Buchstabe „T“. Der Buchstabe liegt auf einer charakteristischen, aus zehn verbundenen Bögen bestehenden Kartusche. Das „T“ bezieht sich natürlich auf die Stadt und das Herzogtum. Auch diese Münze war für den polnischen Markt bestimmt, weil sie an die Dreilinge des Königs Sigismund I. aus den Jahren 1527-1546 erinnert hatte. Der Unterschied lag nur in den andersartigen Aufschriften und darin, dass man das Wappen der Jagiellonen, also das Doppelkreuz, durch den Buchstaben „T“ ersetzt hatte.
Nach dem Jahre 1562 hatte es zunächst einmal eine kurze Unterbrechung in der Produktion der Teschener Münzen gegeben. Möglicherweise lag der Grund dafür in der Tatsache, dass Kaiser Ferdinand I. den sogenannten Guldenfuß eingeführt hatte. Die Grundlage dafür bildete der Guldengroschen, der den Wert von 60 Kreuzer hatte. Der Herzog setzte die Münzprägung im Jahre 1568 fort, der Name des Münzmeisters ist uns jedoch nicht bekannt. Der Herzog hatte im Jahre 1568 damit begonnen, eine neue Ausgabe des Dreiers zu prägen. Die erste Ausgabe fand im Jahre 1562 statt und danach gab es noch eine im Jahre 1569. Im Jahre 1570 hatte die Teschener Münzstätte einen Halb-groschen geprägt, der auf dem Revers den Teschener Adler hatte, auf dem Münzrand den Namen und die Rangbezeichnung des Teschener Herzogs, auf dem Avers eine Krone und auf dem, Münzrand die Umschrift „MAX.II.D.G.RO.IMP.“ (Maximilianus II., Dei Gratia Romanorum Imperator). Diese in Teschen zu Zeiten des Herzogs Wenzel ganz besondere Münzsymbolik sollte eine Verbeugung in Richtung des Lehnsherrn - des Königs von Böhmen und Kaisers - Maximilian von Habsburg bedeuten. Außerdem sollte sie ihn überzeugen, dass die Teschener Münzstätte die in Schlesien geltenden Münzvorschriften keinesfalls verletzt. Im Jahre 1572 war ein Kreuzer mit der Rangbezeichnung des Kaisers Maximilian II. erschienen. Er war auch in den darauf folgenden Jahren wiederholt ausgegeben worden. Im Jahre 1574 hatte man dann eine neue Art vom Kreuzer geprägt. Auf seinem Avers war der Teschener Adler , auf dem Münzrand die Rangbezeichnung des Herzogs Wenzel und seine Lieblingssentenz, und auf dem Revers ein Adler in einem zentral gelegenem Schild zu sehen.
In den siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts hatte man wieder begonnen, Münzen mit einem höheren Nennwert zu prägen. Die erste war der im Jahre 1572 geprägte, mit einem Gewicht von 4,3 Gramm, vierfache Groschen, also das Viergroschenstück. Auf dem Avers dieser Münze befand sich das Porträt des Herzogs, auf dem Münzrand seine Rangbezeichnung, wie immer in lateinischer Sprache, und auf dem Revers die bereits bekannte Sentenz „BENEDITIO DOMINI DIVITES FACIT“ sowie unter der Herzogskrone die Wappen von Teschener Herzogtum und Sachsen. Die Münze wurde aus Anlass der zweiten Eheschließung des Herzogs ausgegeben, die im Jahre 1567 stattgefundenen hatte. Wenzel Adam heiratete Prinzessin Katharina Sidonia, die Tochter von Herzog Franz von Sachsen-Lauenburg. Eine ähnliche Münze mit dem gleichen Nennwert wurde im Jahre 1574 geprägt. Der Unterschied zu der vorhergehenden Münze besteht vor allem darin, dass der Herzog auf dem Porträt seinen Kopf auf die andere Seite wendet und auch einen viel kürzeren Bart trägt. Im gleichen Jahr wurde die aller-prächtigste Münze aus der Zeit des Herzogs Wenzel Adam geprägt. Es handelt sich dabei um den Silbertaler mit einem Durchmesser von 42 Millimetern und dem Gewicht von 28,9 Gramm. Auf dem Avers sehen wir das Brustbild des Herzogs in einer Rüstung mit einer Kette auf der Brust sowie die Umschrift „VENCESLAVS. D.G.DVX. TESSINEN.ET.M.G” auf dem Münzrand. Die Worte bedeuten: „Wenzel, von Gottes Gnaden Teschener und Großglogauer Herzog”. Auf dem Revers zeigt sich stolz der Teschener Adler. Auf dem Münzrand werden die Buchstaben der Umschrift, nämlich die bekannte Sentenz des Herzogs und das Datum, durch die Adlerkrone getrennt.
Im Jahre 1568 hatte in Skotschau eine weitere herzogliche Münzstätte ihren Betrieb aufgenommen. Es wurden hier Kleinmünzen geprägt, nämlich die Heller mit dem Adler auf dem Avers sowie dem Buchstaben „S” und dem Datum auf dem Revers. Nach dem Vorbild seines Vaters hatte in Bielitz auch der älteste Sohn von Herzog Wenzel Münzen geprägt. Herzog Friedrich Kasimir hatte im Jahre 1560 von seinem Vater einen souveränen kleinen Staat erhalten, der aus den Freistädter und Friedeker Gütern bestand. Im Jahre 1565 fügte der Herzog-Vater auch Bielitz mit Umgebung hinzu. In der Bielitzer Münzstätte waren in den Jahren 1568-1571 die Kreuzer, die Doppelkreuzer sowie die Groschen erschienen. Auf dem Avers der Münzen mit einem größeren Nennwert sehen wir das Brustbild des Herzogs und auf dem Revers verschiedene Sentenzen. Auf den Kreuzern hieß es: „SALUS NOSTRA”, auf den Doppelkreuzern und den Groschen stand: „PRAESENTE DEO COMITE FORTVNA”. Zu einer Seltenheit zählen die in den Jahren 1569 und 1570 geprägten Münzen, auf deren Avers die Worte stehen: „GROS.BILLICENSIS”. Dem Herzog, der einen eigenen Hof unter-halten und über seine Verhältnisse gelebt hatte, hatte das Münzgewerbe nicht viel genutzt. Als er im Jahre 1571 starb, hatte er riesige Schul-den hinterlassen. Um sie zu begleichen, musste sein Vater ein Teil des Herzogtums verkaufen.
Friedrich Kasimirs Münzen ähnelten denen seines Vaters Herzog Wenzel. Wenzels Münzen wiederum glichen fremden Münzen, vor allem den polnischen. Der dreifache Groschen hatte die Danziger Dreilinge von Sigismund Augustus zum Vorbild, der Groschen die preußischen Groschen des Herzogs Albrecht von Hohenzollern, der Halbgroschen die Halbgroschen des Königs Sigismund I. Die in Skotschau geprägten Heller trugen den Buchstaben „S“, der an den Namen „Sigismundus“ hätte erinnern können. Die Nachahmung der polnischen Münzen hatte den Polen überhaupt nicht gefallen. Sie gefiel der Kaiserlichen Kammerverwaltung in Breslau ebenfalls nicht. Die Kammer verlangte, dass der Herzog aufhören möge, fremde Vorbilder nachzuahmen und dass er die Münzen nach den hauseigenen, habsburgischen Vorschriften prägen solle. Sogar Kaiser Ferdinand I. hatte an den Teschener Herzog ein Schreiben gerichtet, in dem er dem Herzog vorwarf, Münzen nicht nach den kaiserlichen Gesetzen und Verordnungen zu prägen, und er hatte dabei sogar mit strengen Maßnahmen gedroht. Alles ohne Erfolg. Wenzel Adam gab verschiedene Scheinerklärungen ab, unter anderem schrieb er auch direkt, dass die Münzen ausschließlich für die Ausfuhr nach Polen bestimmt seien. Noch einmal im Jahre 1574 sah sich Kaiser Maximilian II. gezwungen, an den Herzog zu schreiben und ihn darauf aufmerksam zu machen, welche Schäden seine Aktivitäten auf dem Gebiet der Münzprägung im benachbarten Polen verursachen würden. Außerdem erinnerte der Kaiser Wenzel Adam daran, dass er die Münzen nicht nach anderen Regeln prägen könne, als nach den im Böhmischen Reich geltenden, da das Teschener Herzogtum diesem Königreich doch angehört. Der Herzog zog es danach vor, die Prägung der Münzen ganz einzustellen. Dies geschah im Jahre 1574. Einige Jahre später starb er.
Da die Nu-mismatik eng mit der Medaillenkunst verbunden ist, sollte erwähnt werden, dass zwei Ge-denkmedaillen des Herzogs Wenzel Adam erhalten geblieben sind. Die erste aus dem Jahre 1573 ist durch ihren Goldguss bekannt. Auf dem Avers sind das Porträt des Herzogs vom rechten Profil und ohne Kopf-bedeckung sowie das Datum und auf dem Münzrand seine Rangbezeichnung zu sehen. Der Revers besteht aus einer Schmuckkartusche mit einem Schild, auf dem der bekrönte Adler der Teschener Piasten thront. Die zweite Medaille, oval und in Silber gegossen, war zwei Jahre später entstanden. Das Porträt des Herzogs und seine Rangbezeichnung sind ähnlich, wie auf der ersten Medaille, auf dem Revers befindet sich dann das Wappen und die Worte: „ARTE ET MARTE” (mit Geschicklichkeit und Kraft). Die Zeichnungen mancher Münzen aus der Zeit von Herzog Wenzel Adam sind in dem klassischen Werk „Silesia numismatica” zu finden. Das Werk wurde von dem Vorreiter der schle-sischen Numismatik, Erzdiakon und Bibliothekar aus Liegnitz Gottfried Dewerdeck (verstorben 1726) geschrieben und erschien im Jahre 1711 in Jawor. Wenzel Adam sind in dem klassischen Werk „Silesia numismatica” zu finden. Das Werk wurde von dem Vorreiter der schle-sischen Numismatik, Erzdiakon und Bibliothekar aus Liegnitz Gottfried Dewerdeck (verstorben 1726) geschrieben und erschien im Jahre 1711 in Jawor.