Alter jüdischer Friedhof (ul. Hażlaska)
Der alte jüdische Friedhof ist eine der ältesten jüdischen Begräbnisstätten in Polen. Er wurde als beinahe der einzige im Lande mehr als 250 Jahre lang ununterbrochen genutzt (angelegt wurde er im Jahre 1647, das letzte Begräbnis fand dort Anfang des 20. Jahrhunderts statt). Die Behauptung mancher Regionalautoren, dass der Friedhof schon im Mittelalter entstanden sei, trifft nicht zu. Als Beweis für die alte Theorie sollten Inschriften auf einigen Grabmalen dienen, die angeblich Daten aus der zweiten Hälfte des 14. und der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts tragen. Die in letzter Zeit begonnenen Untersuchungen beweisen jedoch, dass es sich bei diesen Daten nur um Abkürzungen der 400 Jahre späteren Daten handelt. In Wirklichkeit war der Friedhof nämlich erst dank der Genehmigung von Herzogin Elisabeth Lukretia entstanden. Sie hatte in ihrer Anweisung aus dem Jahre 1647 versprochen, einen speziellen Platz für Beerdigungen der Familienmitglieder und des Personals von Jakob Singer zuzuweisen. Ihr jüdischer Untergebener Singer hatte dann vermutlich den Friedhof auf Grundstücken angelegt, die er von dem Teschener Bürger Jan Kraus erworben hatte. Im Jahre 1647 Jahr hatten Jan Kraus und seine Ehefrau drei Ackergrundstücke als Sicherheit für ihre Schulden in Höhe von 245 Talern eingesetzt. Da Vermerke fehlen, dass die Schulden bezahlt worden sind, ist es anzunehmen, dass sie auf diese Weise in das Eigentum Jakob Singers übergegangen seien.
Die ältesten erhalten gebliebenen jüdischen Grabmale stammen vom Ende des 17. Jahrhunderts und tragen Inschriften, welche die Familie Singer und die mit ihr verwandte Familie Ziffer betreffen. Der Friedhof war zu jener Zeit noch sehr klein und umfasste nur das Grundstück, welches später ein Abteil wurde. Nachdem Kaiser Karl VI. im Jahre 1713 das Toleranzedikt erlassen hatte, begann man auch andere Juden auf diesem Friedhof zu bestatten. Das hatte zur Folge, dass er vergrößert werden musste. Die Besitzer hatten daher in den Jahren 1715, 1723 und 1768 weitere Grundstücke dazugekauft. Sie hatten auch einen Totengräber eingestellt, der in einem Häuschen neben dem Friedhof wohnte und darüber Aufsicht führte. Für die Begräbnisse verlangten die Singers von ihren Glaubensbrüdern zwar eine Gebühr, arme Juden hatten sie aber auf eigene Kosten beerdigen lassen. Die Juden aus dem Gesamtgebiet des Teschener Schlesiens begannen, eine Gemeinde zu bilden und diese Gemeinde hatte dann im Jahre 1785 diese Begräbnisstätte erworben. Man hatte den Friedhof weiter vergrößert, indem man die Flächen des ehemaligen, bereits stillgelegten Steinbruchs nutzte, der sich nebenan befand. Am Friedhof hatte man auch ein Krankenhaus für arme Juden eingerichtet und 1830 die Gesamtfläche mit einer Mauer umzäunt, die erst im Jahre 2002 abgerissen worden war. Noch im 19. Jahrhundert diente der Friedhof dann allen Juden aus Teschener Schlesien. Allmählich begannen auch die neu gegründeten jüdischen Kultusgemeinden, eigene Friedhöfe anzulegen.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde eine große und praktische, dennoch architektonisch schlichte Trauerhalle gebaut. Sie enthielt eine Wohnung für den Friedhofswächter und einen Pferdestall mit Platz für den Leichenwagen. Ein Teil des Geldes für diesen Bau war ein Geschenk von Emanuel A. Ziffer. Herr Ziffer war in Teschen geboren, wurde Ingenieur und hatte in Österreich Karriere als einer der bedeutendsten Fachleute auf dem Gebiet des Eisenbahnwesens gemacht. Das Geschenk war der Erinnerung an seine Eltern gewidmet. Wir erfahren es durch eine Gedenktafel, die bis heute in der Leichenhalle hängt. Das Areal des Friedhofs mit einer Gesamtfläche von 0,8169 Hektaren wurde in 7 Abteile unterteilt, und es fanden dort fast zwei tausend Gräber Platz. Im Namen der Kultusgemeinde kümmerte sich ein Mitglied des Vorstands um den Friedhof. Ihm waren die Mitglieder der Beerdigungsbruderschaft „Chewra Kadischa“ und ein Wächter unterstellt. Es gab auch einen Fonds, dessen Mittel zur Restaurierung von verwaisten Grabmalen dienten.
Auf dem alten Friedhof hatte die Mehrheit der Juden, die in Teschen vom Ende des 17. an bis Anfang des 20. Jahrhunderts lebten, ihre letzte Ruhestätte gefunden. Es wurden dort viele Teschener Singers und Ziffers begraben. Unter anderem finden wir hier das Grab von Josef Ziffer aus Końska (verstorben im Jahre 1783), der in Teschen die Aufgabe des Steuereintreibers erfüllte. Daneben befinden sich Grabmale vieler Verstorbenen aus vergangenen Jahrhunderten, die zu ihren Lebzeiten zur Entwicklung der Stadt beigetragen hatten. Außerdem wurden auf dem alten Friedhof die meisten Vorsteher der jüdischen Gemeinde, zum Beispiel Bernard Glesinger (verstorben im Jahre 1888) und Siegmund Kohn (verstorben im Jahre 1896) begraben. Zu den Teschener Rabbinern, die auf dem alten Friedhof begraben worden waren, zählten Juda Löbl Glücklich (verstorben im Jahre 1829) sowie Dr. Simon Friedmann (verstorben im Jahre 1893).
Die letzte Ruhestätte auf dem Teschener Friedhof fanden nicht nur Verstorbene aus Teschen, sondern auch aus den bekanntesten Familien in ganz Teschener Schlesien. Zum Beispiel: die Landsbergers und die Munks aus Friedek, die Lindners aus Skotschau, die Eisners und Lanzers aus Ustron, die Rosenzweigs aus Jablunkau, die Goldbergers aus Boguschowitz sowie die Riesenfelds, die Herzbergs, die Poppers, die Baums und die Tugendhats aus Bielitz. Es sind auch Gräber der Vorfahren von Rabbiner Jecheskiel Paneth erhalten geblieben. Jecheskiel Paneth war Gründer einer Familie, aus der orthodoxe Rabbiner hervorgegangen waren, die in ganz Mitteleuropa aktiv waren. Auf den älteren Grabmalen wurden die Inschriften in Hebräisch, auf den jüngeren meistens in Deutsch verfasst. Die einzige in polnischer Sprache befindet sich auf dem Grab des Kaufmanns David Bergson aus Warschau, der während einer Durchreise im Jahre 1885 in Teschen verstorben war. Die alten Inschriften wurden oft nur aufgemalt und nicht gemeißelt.
Der alte jüdische Friedhof wurde nach 1907 nicht mehr genutzt, man hatte jedoch gelegentlich auch noch nach dem Ersten Weltkrieg Verstorbene dort begraben. Die Begräbnisstätte überstand den Zweiten Weltkrieg nahezu unbeschadet.
Im Frühjahr des Jahres 1945 hatten die Nazis auf dem Friedhof 81 Geiseln, unter anderem 18 Pfadfinder aus Ostrau, hingerichtet. Nach dem Krieg wurden die Leichen der Opfer exhumiert und auf den Kommunalfriedhof umgebettet. Man hatte damals einen bescheidenen Gedächtnisobelisk gestiftet, von dem aber bis heute nur der Sockel übriggeblieben ist. Die Trauerhalle wurde zeitweilig als Lager für Baumaterialien vermietet, im Jahre 1996 wurde jedoch daran eine Gedenktafel zur Erinnerung an die tschechischen Pfadfinder angebracht. Nach dem Krieg wurden viele Grabmale gestohlen oder zerstört. Der Stein, aus dem die Grabsteine angefertigt worden waren, war nicht von bester Qualität, so dass dadurch der Verfall schnell fortgeschritten ist. Das Alter der Grabsteine trug seines dazu bei. Im ältesten und historisch am wertvollsten Teil des Friedhofs sind die größten Schäden durch Zeitablauf, mangelnde Pflege, wuchernde Efeutriebe sowie durch fortschreitende Umweltschäden, vor allem durch den sauren Regen und die Salzhaltigkeit des Bodens, entstanden.
Nachdem wir den alten jüdischen Friedhof verlassen haben, gehen wir einige Meter die Hażlaska-Straße weiter hoch. Auf der gegenüber liegenden Straßenseite befindet sich die zweite jüdische Begräbnisstätte in Teschen.