Das nicht mehr bestehende Franziskanerkloster aus dem Mittelalter
Wir gehen jetzt wieder über die Bahngleise in Richtung des Schlosses zurück. Fast unmittelbar nach den Bahngleisen biegen wir nach links in die Jan-Michejda-Straße (ul. Michejdy) ab. Unser Ziel ist die Dreifaltigkeitskirche. Auf dem Weg dorthin kommen wir an dem auf der linken Straßenseite gelegenen Haus Nr. 20. Es ist das Gebäude der ehemaligen städtischen Schießanlage. Früher jedoch, im Mittelalter nämlich, befand sich dort ein Franziskanerkloster.
Der von Franz von Assisi gegründete Orden der Minderen Brüder teilte sich in der Mitte des 15. Jahrhunderts in die Befürworter einer gemäßigten und einer strengen Ordensregel. Aus der zweiten Gruppe sind dann die Bernhardiner hervorgegangen. Sie wurden so nach einem ihrer Führer, dem Bernhardin von Siena, genannt. Man nannte sie damals aber auch Barfüßler, weil sie keine Schuhe trugen. Wie auch anŹdere Bernhardinerhäuser in Schlesien gehörte das Kloster in Teschen der tschechiŹschen Ordensprovinz der Bernhardiner an. Das Kloster entstand im Jahre 1476 als im Teschener Herzogtum Primislav II. herrschte. Es war der Herzog selbst, der dem Orden Grundstücke für das Klostergebäude schenkte. Das Kloster wurde dann außerhalb der Stadtmauern erbaut, nicht weit vom Freistädter Tor. Man nannte es deshalb das Kloster hinter dem Freistädter Tor, oder auch das Untere Kloster (im Unterschied zum Dominikanerkloster – dem Oberen Kloster). Wir wissen heute nicht, wie das Kloster früher ausgesehen hatte. Es ist nur bekannt, daß sich bei ihm eine Kirche oder vielleicht eine Kapelle zur heiligen Dreifaltigkeit befand. Wir wissen auch, daß die Schenkungen zugunsten des Klosters bescheiden waren und dazu auch noch selten vorkamen.
In der Zeit der Reformation hörte das Kloster der Bernhardiner auf zu existieŹren, nachdem der Orden von den damals wütenden Seuchen heimgesucht und seine Mitglieder dadurch dezimiert worden waren. Im Jahre 1542 blieb im Kloster nur ein einziger Mönch, den ein herzoglicher Beamte, zweifellos auf Anordnung des Herzogs selbst, nach Beuthen (Bytom) bringen ließ. Im Jahre 1545 hatte Herzog Wenzel Adam das Kloster der Franziskaner „vor unserer Stadt Teschen, am Freistädter Tor“ der Stadt Teschen geschenkt, damit Einkünfte aus dieser Immobilie das Einkommen des Bürgerspitals ergänzen konnten. Sein Sohn und Nachfolger auf dem Teschener Thron Herzog Adam Wenzel war im Besitz von Büchern, die aus der Bibliothek der Bernhardiner stammten und von dort weggenommen worden sein dürften. Auch nachdem die Konterreformation gesiegt hatte, und der Katholizismus wieder das herrŹschende religiöse Bekenntnis geworden war, bekamen die Bernhardiner ihr Kloster nicht zurück. Sie hatten sich mehrmals darum bemüht, aber ohne Erfolg. Die Stadtverwaltung hatte das Areal geteilt und als Gartengrundstücke verkauft. Die meisten davon hatte Ende des 18. Jahrhunderts der Jesuitenpater Leopold Johann Scherschnik in seiner Hand vereinigt und dort einen Botanischen Garten eingerichtet. Er hatte auch mehr als fünfzig Gräber entdeckt, von denen er annahm, daß dort die Bernhardiner beerdigt worden seien. Um ihrer zu gedenken, ließ Scherschnik aus den Überresten des Klosters ein künstliches Klostertor in Form einer Pyramide bauen. Die letzten materiellen Andenken an die Bernhardiner gingen nach dem Jahre 1802 verloren, nachdem Scherschnik seinen Garten der Schützengesellschaft verkauft hatte. Der Verein richtete dort eine Schießanlage ein. Von den Bernhardinern blieb nur ihr Name „Barfüßler“ („Bosak“) übŹrig, und mit diesem Namen wurde dieser Stadtteil von Teschen in der Umgangssprache genannt.