Das Schloß der Familie Larisch
Wir gehen die Breite Gasse (ul. Szeroka) zurück, überqueren die Kreuzung mit der Szersznikstraße (ul. Szersznika) und kommen so in die Regerstraße (ul. Regera). Vor uns sehen wir das Schloß der Familie Larisch ul. Regera 6, Eingang durch den Friedenspark
Das Stadtschloß der Grafen Larisch gehört zu den nicht allzu zahlreichen Bauten dieser Art in Teschener Schlesien. Es entstand dank dem Grafen Johann Josef Larisch von Mönnich. Er hatte zahlreiche Funktionen im Teschener Herzogtum und am kaiserlichen Hof ausgeübt. Im Jahr 1782 wurde Graf Larisch Landeshauptmann und dann im Jahre 1789 Landesmarschall und Vorsitzender des Landtages. Am Wiener Hof hatte er als Geheimrat den Titel “Exzellenz” getragen und die Funktion des kaiserlich-königlichen Kammerherrn ausgeübt. Weil Graf Larisch in der Hauptstadt Teschen einen seiner Position angemessenen Sitz haben wollte, beschloß er, eine entsprechend große Stadtresidenz errichten zu lassen.
Das Schloß war nach dem großen Teschener Brand im Jahre 1789 entstanden. Von der Mitte des 18. Jahrhunderts an besaß die Familie Larisch schon ein Stadthaus, das von den Steuern befreit war und deshalb “freies Adelhaus” hieß. Es stand in der damaligen Konviktgasse (heute in der Regerstraße, am Friedenspark). Das Gebäude war jedoch für die Bedürfnisse der Grafenfamilie nicht ausreichend, so daß im Jahre 1796 Graf Johann Larisch ein kleines Bürgerhaus gekauft hatte, das auf einem Nachbargrundstück lag. Die zwei nebeneinander liegenden Grundstücke ermöglichten dem Grafen, einen Bau zu errichten, der zu seiner gesellschaftlichen Stellung und zu seinen Vermögensverhältnissen paßte. Die Hauptfassade mit einem breiten Tor in der Achse war zur Konviktgasse (heute ul. Regera) gerichtet. Sie erhielt eine barockklassizistische Dekoration, die aus einem bossierten Mauerwerk im Erdgeschoß und aus schlanken Mauerfüllungen über beide Stockwerke mit einem Aufsatz (Attika) bestand. Die am Friedenspark liegende Außenwand wurde auf den Resten der Verteidigungsmauern gebaut, was noch die massive Böschung unterstrichen hatte. Die Fenster der beiden Stockwerke waren durch ein Gesims voneinander getrennt und hatten breite verkröpfte Leistenrahmen erhalten. Das Schloß in der L-Form hatte ein Mansardendach erhalten, das mit Schindel gedeckt war. Eine außerordentlich prachtvolle Ausstattung hatten die Repräsentationsräume im 2. Stock erhalten. Die meisten von ihnen waren mit klassizistischen vielfarbigen Malereien geschmückt. Besonders auffallend war “das Chinesische Arbeitszimmer” mit den damals modischen orientalischen Dekorationsthemen sowie “der Ägyptische Ballsaal” mit seinem hohen Gewölbe. Die Malerdekoration stellt Landschaften mit architektonischen Motiven des Altertums dar, die durch ägyptische Säulen unterteilt sind. Auf einer dieser Landschaften hatte der Autor der Wandmalereien, der akademische Maler Josef Mayer, das Entstehungsjahr 1796 festgehalten. Ein wahrer Schmuck der Zimmerflucht, die aus sieben Repräsentationsräumen (dem sogenannten “Piano nobile” oder “bel étage”) besteht, sind die klassizistischen und eklektischen, in halbrunden Nischen stehenden Kachelöfen. An der Nordseite des Schlosses lag ein kleiner Garten im französischen Stil, in dem sich ein achteckiger Pavillon befand (heute ist es der Friedenspark). Seine beste Zeit hatte das Schloß während der napoleonischen Kriege erlebt. Nach einer niederschmetternden Niederlage der österreichischen Truppen gegen Napoleon im Jahre 1805 wurde Teschen für eine längere Zeit vorübergehend zur Hauptstadt der Monarchie, da sich der kaiserliche Hof, die zentralen Behörden und die Botschaften in Teschen niederließen, nachdem sie aus Wien geflüchtet waren, noch ehe Wien am 13. November von Napoleon besetzt wurde. In Teschen hatte sie alle auch die Nachricht von Österreichs Niederlage bei der Schlacht von Austerlitz am 2. Dezember 1805 erreicht. In diesen bewegten Zeiten waren viele Persönlichkeiten durch Teschen gereist. Im Dezember 1806 hatte Kaiser Franz I. im Schloß seine Verbündeten, nämlich den Zaren Alexander I., Großfürsten Konstantin, Marschall Kutusow und den Fürsten Biron von Kurland begrüßt. Die hohen Gäste wurden im Ägyptischen Ballsaal zu Gesellschaften und Bällen empfangen, und in der Abgeschiedenheit der Empfangsräume des Schlosses hatte man wichtige politische Gespräche geführt. Im Jahre 1809 hatte Herzog Albert von Sachsen-Teschen, und später auch sein Nachfolger Erzherzog Karl Ludwig von Habsburg, das Schloß zu seinem Sitz erwählt. Im Jahre 1817 hielt sich dort während einer Reise von Troppau (Opava) nach Krakau (Kraków) Kaiser Franz I. mit seiner Gemahlin Karolina Augusta und dem ganzen Hof auf, und er wurde dort feierlich von den galizischen Ständen begrüßt.
Die Familie Larisch hatte ihr Schloß im Jahre 1831 an Grafen Philippe Louis Saint-Genois d´Anneaucourt verkauft. Er hatte den dritten Flügel erbauen lassen, und somit erhielt das Schloß die Form des Buchstaben “U”. Dieser Schloßflügel wurde von Josef Kornhäusel entworfen, dem Wiener Architekten des späten Klassizismus, der damals für die Teschener Habsburger tätig war. In diesem Flügel hatte der Architekt Pferdestallungen untergebracht, die einen seltenen bei solchen Bauten runden Grundriß bekamen. Über den Stallungen, im zweiten Stock des Schlosses, wurde noch ein Ballsaal geschaffen, den man wegen seiner reichen, an die Antike anknüpfenden Malerdekoration “Der Römische Saal” nannte. Im Jahre 1840 wurde das Schloß von dem Teschener Rechtsanwalt Dr. Anton Demel erworben, und von dieser Zeit an begann man, es “Demel-Haus” zu nennen. Im Demel-Haus hatten zwei Bürgermeister von Teschen - Johann und Leonhard Demel von Elswehr - gewohnt. Im Jahre 1918 wurde das Schloß von der Familie Demel an die Stadt Teschen verkauft und dann renoviert. Seit 1931 schließlich ist es Sitz des Städtischen Museums. Es setzt sich zusammen aus: dem ältesten in diesem Teil Europas öffentlichen Museum, das im Jahre 1802 von Pater Leopold Johann Scherschnik gegründet wurde sowie aus Scherschniks Bibliothek, dem Schlesischen Ethnografischen Museum, das im Jahre 1903 von der Polnischen Gesellschaft für Völkerkunde in Teschen gegründet wurde, dem bürgerlichen Stadtmuseum sowie aus zahlreichen privaten Sammlungen. Beachtliche Schäden erlitt das Schloß im Jahre 1942, als im Römischen Saal ein Brand ausgebrochen war. Das ganze Dach war den Flammen zum Opfer gefallen, und es wurden auch die Repräsentationsräume im zweiten Stock beschädigt. Der technische Zustand des Schloßgebäudes verschlechterte sich von Jahr zu Jahr, so daß man im Jahre 1983 gezwungen war, die Ausstellung für das Publikumsverkehr zu schließen. Dann begann eine viele Jahre dauernde Generalrenovierung des Larisch- Schlosses, bei der man das Gebäude den Bedürfnissen eines modernen Museums angepaßt hatte. Die Renovierungs- und Restaurierungsarbeiten wurden im Jahre 2002 beendet. Die ständige Ausstellung des Museums des Teschener Schlesiens trägt den Namen “Am Grenzpunkt der Geschichte und der Kulturen”. Sie stellt die Denkmäler vor, die mit den Teschener Dynastien der Piasten und der Habsburger zusammenhängen, außerdem solche die die Kultur des Teschener Adels und des Bürgertums, sowie die Volkskultur zeigen. Darüber hinaus sind dort reiche Sammlungen von Kunstgegenständen und Gegenständen des Kunsthandwerks vorhanden.
Ein Teil der Ausstellung im Museum des Teschener Schlesiens ist der Rolle und der Bedeutung derjenigen Vertreter der habsburgischen und der habsburgisch-lothringischen Dynastie gewidmet, die auf dem Teschener Herzogsthron saßen. Die Besichtigung beginnt mit dem
Saal der Aufklärungsepoche
In einem kleinen Durchgang, auf seiner linken Seite befindet sich eine Porträtgalerie dieser Habsburger, die als Könige von Böhmen die Lehnsherren des Teschener Herzogtums waren. Am Anfang der Galerie hängen Graphiken mit Abbildungen von: dem römischen König Ferdinand IV., den Kaisern Ferdinand III., Leopold I., Josef I., und Karl VI. sowie von der kaiserlichen Familie Franz Stephans und Maria Theresias. Anschließend folgen diejenigen Ölbilder, die einst den Sitzungssaal des Stadtrates im Teschener Rathaus geschmückt haben. Es handelt sich dabei um die Darstellungen Kaiser Josefs II., Erzherzog Karl Ludwigs und Erzherzog Albrechts. Am Ende der Galerie der Habsburger hängen zwei Porträts Kaiser Franz Josefs I. Auf der rechten Seite des Durchgangs befinden sich Erinnerungstücke an den sogenannten Teschener Friedensvertrag. Der Teschener Frieden beendete den Bayerischen Erbfolgekrieg zwischen Österreich und Preußen, den man auch “Kartoffelkrieg” nannte. Der Friedensvertrag wurde nach einige Wochen dauernden Verhandlungen am 13. Mai 1779 unterzeichnet. Zur Unterzeichnung waren nach Teschen Abgesandte von diesen sieben europäischen Ländern gekommen, die in den Krieg verwickelt waren. Es sind Porträts erhalten geblieben, die der österreichische Maler Johann Daniel Donat gemalt hatte, sowie andere Erinnerungsstücke, hauptsächlich Drucke und Medaillen. Hinter dem Durchgang, auf der rechten Seite steht ein Sekretär im Empirestil, der “Schreibtisch des Jungen Adlers” genannt wird. Er wurde in Wien von Benedikt Moll für Napoleon II. angefertigt. Napoleon II. war der Sohn Napoleon Bonapartes und Marie Louises von Habsburg-Lothringen, sein Titel lautete zwar Franz Herzog von Reichstadt, aber er wurde “l´Aiglon” - “der Junge Adler” - genannt. Der Sekretär stammte aus den kaiserlichen Sammlungen, und er wurde nach dem Ersten Weltkrieg auf einer Auktion in Wien von dem bekannten Teschener Sammler Bruno Konczakowski gekauft. Wir gehen in den nächsten Saal weiter.
Er wird wegen der dort verwendeten Dekorationsmotive: “Ägyptischer Saal”genannt. An der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert war nämlich auch in der Innenausstattung die ägyptische Thematik sehr beliebt. In der Freskenmalerei findet man dann zum Beispiel Lotussäulen, Sphinxe und Hieroglyphenmotive. In den Ecken des Saals befinden sich antikisierende Öfen, die mit den Statuen der Göttinnen Athene und Diana bekrönt sind. In diesem Saal spielte sich das gesellschaftliche Leben während des Aufenthalts des kaiserlichen Hofes in Teschen in den Jahren 1805 und 1806 ab. Hinter dem “Ägyptischen Saal” befinden sich zwei Räume, die der materiellen Kultur des Teschener Adels und den Teschener Herzögen aus der Dynastie der Habsburger gewidmet sind.
Erster Adelsaal
Von den Anfängen des Teschener Herzogtums bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts war der Adel, der von dem einstigen Rittertum abstammte, die einflußreichste soziale Schicht der damaligen Gesellschaft. Er war zunächst mit der Piastendynastie und später dann mit den Habsburgern verbunden. Wegen seiner privilegierten Stellung und seines Vermögens stellte der Adel einige Jahrhunderte lang die politische, wirtschaftliche und kulturelle Elite dar, die für immer in die Geschichte des Teschener Schlesiens einging. Jahrhundertelang hatte der Adel eine kulturtragende und kulturschaffende Rolle gespielt. Durch ihn waren die neuesten Modeströmungen und Entwicklungen in der Kunst, der Literatur, der Musik und in ähnlichen Bereichen in die entferntesten Ecken des Teschener Schlesiens gelangt. Die Lebensform des Adels hatte sich besonders deutlich auf dem materiellen Gebiet ausgedrückt, da sich das Leben des Adels vor allem in seinen Landsitzen und in den Stadtschlößern abspielte. In fast jedem Wohnsitz einer adligen Familie befanden sich Ahnengalerien. Durch die Porträts sollte nicht nur das Aussehen einer bestimmten Person festgehalten werden; sie sollten auch die Nachfolge der Generationen belegen und dadurch die Familienbande und die Verbundenheit mit der Tradition festigen. Die Familienbilder hatten zur Konsolidierung des Adelsstandes beigetragen. In dem Adelssaal des Museums befinden sich Teile zweier solcher Ahnengalerien: der Freiherren Bludowski aus Niederbludowitz (Dolne Błędowice) und Orlau (Orlová) sowie der Freiherren Mattencloit aus Seibersdorf (Zebrzydowice). Außer den Porträts der engeren Familie dieser Adligen befinden sich in der Galerie auch Bilder ihrer nahen und entfernten Verwandten und außerdem Konterfeien des Grafen Adam Paczyński-Tęczyński (Paczyński von Tentschin) und des Freiherrn Karl von Cselesta, die wohltätige Stiftungen für Kinder aus Adelsfamilien gegründet hatten. Die Personen des Grafen Paczyński und des Freiherrn von Cselesta erinnern auch an die häufig vorkommende Wohltätigkeit des Adels in Zeiten, als es noch keine organisierte soziale Fürsorge gab. Außer den Gemälden befinden sich in diesem Saal auch Möbel aus dem 18. Jahrhundert und verschiedene kunsthandwerkliche Gegenstände.
Zweiter Adelssaal
Hier werden Adelsattribute ausgestellt: Wappen und Siegel, Gegenstände also, die die ausgeübten Funktionen der Hofdamen und der kaiserlich-königlichen Kammerherren auf dem kaiserlichen Hof betreffen. Alte Fotografien und Aquarellbilder zeigen die Stammsitze des Adels. Der Adel und seine Landsitze bildeten nämlich schon immer eine Einheit. Die Herzöge waren die Lehnsherren des Adels. Ihnen ist ein Teil der Ausstellung gewidmet. Hier finden wir die Porträts von Marie Christine und Albert von Sachsen-Teschen, dem Herzogsehepaar, das durch viele Wirtschafsunternehmungen in Teschener Schlesien sowie als Gründer der großen Graphiken- und Zeichnungssammlung “Albertina” in Wien bekannt war. In diesem Saal hängt außerdem ein Porträt des Erzherzogs Karl Ludwig, der das Jagdschloß in Teschen bauen ließ, und auch eines von Erzherzog Albrecht, der der Schöpfer der großindustriellen Wirtschaft war. Außerdem findet man hier ein Bildnis Friedrichs von Habsburg, des letzten Teschener Herzogs und des Oberbefehlshabers der österreichischen Armee während des Ersten Weltkrieges. An die Besuche Kaiser Franz Josefs I. in Teschen in den Jahren 1854, 1880, 1890, 1906 erinnert der kaiserliche Thron aus der evangelischen Jesus-Kirche. Nachdem wir die Ausstellungsräume verlassen haben, gehen wir in den Hof hinunter. Auf einer Seite des Hofes befinden sich
die ehemaligen Schloßstallungen.
Die im klassizistischen Stil erbauten Pferdestallungen sind der originellste Teil des Larisch-Schlosses. Unterstützt vom Baumeister Franz Schneider, hatte Josef Kornhäusel aus Wien sie entworfen. Die Stallungen haben einen runden Grundriß mit 7,20 Meter Durchmesser, und sind 7,18 Meter hoch, was zwei Stockwerken des Schlosses entspricht. Sie haben ein Kuppelgewölbe mit Laternen, das auf einer zentral gelegenen toskanischen Säule aus Stein abgestützt ist, die fast fünf Meter hoch ist. In rhythmisch angeordneten halbrunden Nischen in den Wänden wurden für die Pferde sechzehn Plätze mit Futterstellen aus Marmor geschaffen. Von den Futterstellen sind bis heute nur zwei erhalten geblieben. Das Licht in den Pferdestall fiel durch zehn Oberlichter, die in Nischen oberhalb des Gesimses plaziert waren. In die Stallungen gelangte man über der Schloßhof, und sie waren auch mit den gräflichen Wohnräumen durch ein Treppenhaus verbunden. Außerdem befand sich im ersten Stock des Schlosses ein Fenster mit einem Ziergitter, durch das man die Pferde und die Arbeit der Stallburschen beobachten konnte. In dem ehemaligen Pferdestall befindet sich heute das Café “Museum”. Die klassizistische Architektur der Innenräume wurde durch Kopien antiker Skulpturen unterstrichen, die zwei Musen darstellten, sowie durch Büsten des österreichischen Ministerpräsidenten und Erzherzog Albrechts von Habsburg, die beide von Jan Raszka geschaffen wurden. Ein in der Eisenhütte in Friedland gegossener gußeiserner Ofen hatte damals die Beheizung der Stallungen sichergestellt und ist bis heute erhalten geblieben. In dem ehemaligen Pferdestall und dem heutigen Café mit seinen makellosen Proportionen kann man jetzt angenehm die Zeit verbringen und die Spezialitäten der Wiener Konditorkunst genießen, zu denen beispielweise Sachertorte, Apfelstrudel oder Holunderpfannkuchen gehören.