II. Tschechisch Teschen
Vor hundert Jahren, als noch auf den beiden jüdischen Friedhöfen und in ihrer Umgebung keine hohen Bäume wuchsen, hatte man von dieser Gegend aus eine gute Aussicht auf die Stadtteile, die am anderen Olsaufer lagen. Aus diesen damaligen Vorstädten wurde im Jahre 1920 eine neue Stadt gebildet: Tschechisch Teschen. In alten Zeiten war es eine schwach bevölkerte Gegend, die der herzoglichen Güterverwaltung (der sog. Teschener Kammer) unterstand. Vom Beginn des 18. Jahrhunderts an hatten dort auch Juden gewohnt, dessen Dienste diese Verwaltung gerne in Anspruch nahm. Nachdem die Bahnlinie Kaschau - Oderberg (Košice-Bohumín) sowie im Jahre 1870 der Bahnhof erbaut worden waren, nahm die Anzahl der am linken Olsaufer lebenden Juden schnell zu. Vor dem Jahr 1914 hatten sie schon 40 Prozent der Gesamtbevölkerung ausgemacht.
Um die jüdischen Denkmäler von Tschechisch Teschen zu besichtigen, müssen wir jetzt die Hażlaska-Straße zurück-, dann die Zamkowa-Straße weitergehen, bis wir den Grenzübergang unterhalb des Teschener Schlosses erreicht haben. Wir überqueren dann die Staatsgrenze über die Freundschaftsbrücke (Most Przyjaźni), an deren anderem Ende sich das ehemals berühmte Café „Avion“ befand. Es war ein ovaler Anbau, der sich neben dem von der Familie Wiesner erbauten Hotel „National“ befand. (das Hotel ersetzte einen früheren Gasthof). Vor dem Zweiten Weltkrieg spielte sich das gesamte künstlerische und gesellschaftliche Leben der Bürger beider Teschener Stadtteile in diesem Café ab. Zu seinen Gästen zählten Vertreter aller Nationalitäten. Da sich das Café im jüdischen Besitz befand, wurde es zu Beginn des Krieges von den Nazis abgerissen. Heute indessen erinnert an seine Existenz ein literarisches Kabarett mit dem Namen „Café Avion, das es nicht gibt“.
An der Hauptstraße (Hlavní třída) von Tschechisch Teschen, früher Sachsenberg genannt, standen Stadthäuser, dessen Besitzer die bedeutendsten Bürger der Stadt waren. Es waren unter anderem Industrielle , die hier den entsprechenden Raum für ihre Fabrikanlagen und auch einen kurzen Weg zur Bahnlinie fanden. Unter der Hausnummer 8 hatte die Firma von J. Ph. Glesinger ihren Sitz. Sie war mit der Gewinnung und Verarbeitung von Holz beschäftigt. In der Zeit zwischen den Weltkriegen wurde sie von Glesingers Söhnen und Schwiegersöhnen geleitet. Für die Anfangszeit stellte die Firma auch damals dem Vorstand der neu gebildeten jüdischen Kultusgemeinde ihre eigenen Räumlichkeiten zur Verfügung. Ein wenig weiter (unter der Straßennummer 14) befand sich das Wohnhaus und die Fabrik der alkoholischen Getränke von Moritz Fasal. An der Kreuzung mit der Vrchlického-Straße biegen wir rechts ab und kommen bis zu der Stelle, wo die Vrchlického-Straße die Masarykovy sady erreicht (die Masarykallee hieß früher Erzherzog-Albrecht-Allee). Vor dem Zweiten Weltkrieg befand sich an der Stelle der heutigen Turnhalle eine Synagoge der jüdischen Kultusgemeinde in Tschechisch Teschen.