Kloster der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Karl Borromäus
Der Orden der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Karl Borromäus wurde Mitte des 18. Jahrhunderts in Nancy gegründet. Sein Ziel war die Pflege der Kranken und der Bedürftigen. Aber schon hundert Jahre später leiteten die Borromäerinnen erfolgreich eine Mädchenschule. Sie waren auch in Schlesien tätig, von 1857 an als ein selbständiger Orden mit einem eigenem Generalhaus in Neisse (Nysa) und von 1871 an mit einer weiteren Niederlassung in Trebnitz (Trzebnica). Als die preußische Regierung begann, die katholische Kirche zu bekämpfen, hatte schließlich die damalige Oberin – Mutter Helena Tichy – ein Kloster in Teschen eingerichtet, da Teschen außerhalb der Grenzen von Preußen lag. Zum Sitz des Klosters wurde ein Stadthaus am Oberring, das die Borromäerinnen von dem Ehepaar Seemann erworben hatten. Das Stadthaus, ein freies Adelshaus, war früher im Besitz der Familie Bludowski aus Niederbludowitz (Dolní Bludovice) und der Familie Kalisch aus Kisborocz. Sukzessiv hatten die Borromäerinnen auch die kleinen Nachbarshäuser in der Obertorstraße (Wyższa Brama) dazugekauft. Das Kloster erfüllte in den Jahren 1879-1889 die Aufgaben des Generalhauses des Ordens und von 1894 an des Provinzialhauses für die Ordensniederlassungen in der österreichischen Monarchie. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Teschener Borromäerinnen Mitglied der polnischen Provinz, die im Jahre 1939 einen eigenen Orden gebildet hatte. Er hat heute seinen Sitz in Nikolai (Mikołów). Die Teschener Borromäerinnen hatten von Anfang an große Bedeutung der Ausbildung von Mädchen beigemessen. Sie hatten in ihrem Garten immer weitere Häuser bauen lassen und führten schließlich einen Kindergarten, eine Volks- und Hauptschule (damals Bürgerschule genannt), ein Lehrerinnenseminar und verschiedene Haushaltsschulen. In den Schulen der Borromäerinnen nahmen meistens mehr als fünfhundert Schülerinnen gleichzeitig am Unterricht teil. Es waren daher auch ein Internat und eine Pension eingerichtet worden. Alle diese Betriebe hatten immer den allerbesten Ruf genossen. Im Kloster selbst hielten sich ungefähr hundert Nonnen und Novizinnen auf. Der Unterrichtsbetrieb wurde auch während der Zeit zwischen den Weltkriegen weitergeführt. Als nach dem Zweiten Weltkrieg die kommunistische Regierung dem Orden die Arbeit mit der Jugend verboten hatte, begannen sich die Borromäerinnen um alte und dauernd pflegebedürftige Menschen zu kümmern. Jetzt wird von ihnen auf dem Gelände des Klosters ein Pflege- und Heilbetrieb geleitet.
Die Kapelle Heilige Familie begann man im Herbst 1877 zu bauen, und schon im Mai 1878 wurde sie durch den Generalvikar Pfarrer Franciszek Śniegoń eingeweiht. Man hatte sie nach den Plänen von Anton Jonkisch im neoromanischen Stil errichtet. Für die Ausstattung entschied man sich aber für den neugotischen Stil. Die Kapelle ist dreiundzwanzig Meter lang, das Kirchenschiff zehn und der Chorraum sechs Meter breit. Der Altar mit den Bildern der Heiligen Familie, des heiligen Karl Borromäus und der heiligen Hedwig ist der Schmuckstück des Chorraumes. Alle Bilder hatte Julius Heinisch gemalt. Ursprünglich gab es zwei Altare auf den Seiten; sie wurden jedoch später durch eine Mutter-Gottes-Figur sowie eine Herz-Jesu-Figur ersetzt. Am linken Altar befand sich früher eine Kanzel. Sie wurde später abgeschafft. Die Kapelle schmücken Fenster mit Glasmalerei. Vier von ihnen wurden im Jahre 1912 in der bekannten Kunstwerkstatt von Franz Meyer in München angefertigt. Die Fenster aus Steinformstücken mit einem halbrunden Bogen sind in profilierte Gesimse eingefaßt. Der Musikchor wird von zwei neoroŹmanischen Säulen mit Würfelkapitellen abgestützt und seine Decke von einem geometriŹschen Ornament geschmückt. Das gleiche geometrische Deckenornament in der Kapelle wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zugemalt und erst bei den Restaurierungsarbeiten im Jahre 1998 entdeckt und freigelegt. In den letzten Jahren hatte man auch andere Teile der Kapelle sowie viele Kunstgegenstände aus dem Kloster restauriert. Auch von außen hat die Kapelle ein neoromanisches Aussehen. Die Seitenfassaden sind durch Lisenen unterteilt, zwischen denen sich Fenster befinden, die in halbrunde profilierte Gesimse eingefaßt sind. Über ihnen befinden sich zusätzlich kleine Arkadengesimse. Nicht weit von der Kapelle hatte man anläßlich des Jubiläumsjahres 1900 eine Christusstatue aufgestellt, auf der sich eine Inschrift in mehreren Sprachen befand. Sie lautete: „Christus siegt, Christus herrscht, Christus gebietet“. Vor dem Kloster der Borromäerinnen biegen wir nach links ab. Die Obertorstraße (Wyższa Brama) führt uns direkt zum Kirchplatz (Plac Kościelny). Der Name des Platzes kommt von der evangelischen Jesus-Kirche.