Kurze Geschichte der Juden in Teschen
Einige Menschen sind bis heute davon überzeugt, dass die jüdische Bevölkerung bereits im Mittelalter in Teschen zahlreich vertreten war und ihre Mitglieder schon damals eine eigene jüdische Gemeinde bildeten. Als Beweis für diese Behauptung wird das Vorhandensein des jüdischen Friedhofs herangezogen, der schon im 14. Jahrhundert bestanden haben soll. Der sogenannte alte jüdische Friedhof entstand jedoch erst Mitte des 17. Jahrhunderts. In den Dokumenten wird eine Person der jüdischen Konfession erstmalig im Jahre 1531 erwähnt. Damals hatte ein Jude namens Jakob ein Haus in der Silbergasse (ul. Srebrna) gekauft und es im gleichen Jahr wieder verkauft. Im Jahre 1575 hatte Markus, ein anderer Jude und Hofglaser des Teschener Herzogs, ebenfalls ein Haus in der gleichen Straße gekauft. Auch er hielt sich in Teschen nur kurz auf. Der Grund dafür lag in den kaiserlichen Verordnungen, die von der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts an für Schlesien galten und den Aufenthalt der Juden in diesem Gebiet untersagten. Trotz dieser Verordnungen hatten die Teschener Herzöge gelegentlich die Dienste der Juden in Anspruch genommen.
Die regelmäßige Ansiedlung der Juden in Teschen begann jedoch erst im Jahre 1631. Ohne auf die kaiserlichen Verbote zu achten, hatte in jenem Jahr die Teschener Herzogin Elisabeth Lukretia den Einzug der Maut in Teschen und im Teschener Herzogtum an die zwei Brüder - Jakob und Mose Singer aus Ivančice bei Brno - vergeben. Jakob blieb für immer in Teschen und gründete hier eine Familie. Es war die erste jüdische Familie, die in Teschen wohnte. Seiner Tätigkeit als Betreiber der Teschener Maut liegen Verträge mit Herzogin Elisabeth Lukretia sowie ihnen beigefügte Anweisungen zugrunde. Die herzogliche Anweisung aus dem Jahre 1647 enthält weitreichende Ermächtigungen. Jakob Singer wurde unter anderem das Recht übertragen, in der Stadt als Geschäftsmann tätig zu sein und einen Laden zu betreiben. Ihm und den Mitgliedern seiner Familie ist auch die Freiheit des religiösen Bekenntnisses zugesichert worden, und er bekam sogar ein Gelände für Bestattungen zugewiesen. Außerdem war Singer für den Adel und das Bürgertum als Geldverleiher tätig, arbeitete mit der herzoglichen Münzstätte in Teschen zusammen und unterhielt Geschäftsbeziehungen zu Mähren, Ungarn, Schlesien sowie zu Kleinpolen, hauptsächlich zu Krakau. Mit Einverständnis der Herzogin kaufte er im Jahre 1637 in der Polnischen (jetzt ul. Głęboka) Straße ein Haus und im Jahre 1640 erwarb er ein größeres, das sich an der Ecke des Marktplatzes (Rynek) und der Münzgasse (ul. Mennicza) befand. Seitdem nannte man dieses Haus „das Jüdische Haus“. Es blieb bis Ende des 18.
Jahrhunderts das einzige Gebäude in Teschener Schlesien, das sich im jüdischen Besitz befand. Nach dem Tod von Jakob Singer erbte sein Sohn Samuel das Haus. Diese Tatsache wurde auch von Kaiser Leopold I. im Jahre 1661 durch ein Sonderprivileg bestätigt. Die weiteren Nachkommen der Familie Singer erhielten ebenso kaiserliche Privilegien, was auch den Erwerb der bürgerlichen Rechte nach sich zog. Die Teschener Stadtbürger waren mit der neuen wirtschaftlichen Konkurrenz unzufrieden und versuchten, die Juden aus der Stadt zu vertreiben, oder wenigstens ihren Wirkungsbereich einzuschränken. Diese Versuche blieben jedoch erfolglos. Die meisten Stadteinwohner hatten zudem rege Geschäftsbeziehungen mit der Familie Singer gepflegt. So wurden die Mitglieder der Zünfte von ihr mit verschiedensten Materialien beliefert, und die übrige Bevölkerung konnte billigere Waren kaufen, die unter anderem aus Wien eingeführt wurden.
Die Anzahl der in Teschen lebenden Juden erhöhte sich nach 1713. In jenem Jahr hatte Kaiser Karl VI. das sogenannte Toleranzedikt für Juden herausgegeben. Unter der Bedingung, eine Sondersteuer, die sogenannte Toleranzsteuer, zu entrichten, durften sie sich ab sofort in Schlesien niederlassen. Im Jahre 1737 lebten in Teschen dann schon einige Singers mit ihren Familien, und weitere jüdische Familien wohnten in den umgebenden Ortschaften. Nach dem Jahre 1725 verschärfte der Kaiser jedoch seinen Kurs den Juden gegenüber. Seitdem durfte nur ein einziger Sohn einer jüdischen Familie heiraten und nur er genoss die bürgerlichen Rechte. Ohne Einschränkungen durften die Juden nur Kleinhandel betreiben sowie Weinbrand produzieren und ausschenken. Der Ausschank erfolgte nach dem Prinzip der Pacht des Schankrechtes. Diese Rechte hatte Kaiserin Maria Theresia in ihrem Patent für Juden aus dem Jahre 1752 erweitert. Von dieser Zeit an durften im Teschener Herzogtum nur 88 jüdische, sogenannte tolerierte, Familien leben. An ihrer Spitze standen die Steuereintreiber (die sogenannten Steuerkollektoren), die dafür verantwortlich waren, die fälligen Steuern einzuziehen. In der Zeit Kaiserin Maria Theresias hatten die Mitglieder der Familie Singer dieses Amt innegehabt.
Anfangs hatte man in Teschen nur 12 jüdische Familien (57 Personen) toleriert. Ihre Anzahl wuchs aber ständig. In den siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts hatten die Regierenden ihre Haltung den Juden gegenüber liberalisiert, weil sie beabsichtigten, auch mit Hilfe des jüdischen Handels, die Integration von Galizien in die anderen Länder der Monarchie zu beschleunigen. Dies war auch das Ziel der Internationalen Teschener Messe, die erstmalig im Jahre 1775 stattfand. Die Juden sollten Kontakte zwischen den Bürgern von Galizien und den Geschäftsleuten aus dem westlichen Teil der Monarchie vermitteln. Es wurde sogar ein Gasthof eigens für Juden in Betrieb genommen. Die Messe sollte nicht lange Bestand haben, sie zog jedoch eine Belebung der Beziehungen der Juden aus Teschen mit ihren Glaubensbrüdern aus Galizien nach sich.
Im Jahre 1780 lebten in Teschen bereits 16 jüdische Familien, die ihren Lebensunterhalt vom Handel und von den verschiedensten Dienstleistungen bestritten hatten. Ihre Lage verbesserte sich wesentlich, nachdem Kaiser Josef II. im Jahre 1781 ein Toleranzpatent für die Juden in Österreichisch-Schlesien erlassen hatte. Obwohl das Patent weiterhin die Anzahl der in Teschener Schlesien lebenden Familien auf 88 beschränkte und ihnen eine eigene Synagoge und einen Rabbiner untersagte, gab es ab sofort für die Juden wesentliche Erleichterungen. Der Bereich der erlaubten Beschäftigungen wurde merklich erweitert, außerdem durften die Kinder und die Jugendlichen von nun an die christlichen Schulen und Universitäten besuchen. Durch das Toleranzpatent wurden die Juden verpflichtet, die deutsche Sprache zu benutzen. Ausgenommen von dieser Verpflichtung wurden nur alle Angelegenheiten des Kultus. Im Jahre 1787 ordnete Josef II. an, dass die Juden deutsche Namen und Vornamen benutzen müssten. Es begann damit, auch in Teschener Schlesien und in Teschen selbst, ein Prozess der Annäherung der jüdischen Bevölkerung an die deutsche Sprache und somit an die deutsche Kultur.
Die Reformen Josefs II. bedeuteten für die Juden in der Stadt größere Freiheiten auf dem Gebiet des Handels, obwohl die Teschener Kaufleute und die privilegierte Familie Singer trotzdem ständig Einsprüche erhoben. Diese ablehnende Haltung hatte den Niedergang der Familie Singer beschleunigt: Im Jahre 1785 verkauften die Singers den Friedhof und drei Jahre später auch das sogenannte Jüdische Haus und verließen Teschen. Nach einem großen Brand in der Stadt im Jahre 1789 waren Naftali Baruch und Abraham Khu Besitzer von Stadthäusern geworden. Sie erhielten ebenfalls die Stadtrechte.
Den bis dahin privaten Friedhof hatte die Gesamtheit der tolerierten Juden aus Teschener Schlesien gekauft. Nach den Reformen Josefs II. begann diese Gemeinschaft, das Fundament für das gemeinsame religiöse Leben zu bilden. Im Jahre 1801 mieteten die Juden von dem Stadtsyndikus Piotr Sporschill ein Haus in der Münzgasse (ul. Mennicza) und richteten dort ein eigenes Bethaus ein. Die Gottesdienste hielt Juda Löbl Glücklich ab, der von 1788 an das Amt des Rabbiners ausübte, obwohl er offiziell nur als Religionslehrer galt. Für das Bethaus und den Friedhof war dem Titel nach der jüdische Steuereintreiber verantwortlich. Von 1784 an führte er auch die für das ganze Teschener Schlesien gemeinsamen jüdischen Standesbücher. Lange Zeit noch hatten die Juden es vorgezogen, ihre Kinder von Privatlehrern ausbilden zu lassen. Der erste Schüler jüdischer Herkunft erschien an dem Teschener Gymnasium erst im Jahre 1806. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts genossen dort ihre Ausbildung jährlich nur einige wenige jüdische Schüler. Der erste aus Teschen stammende Jude, der ein Universitätsstudium absolviert hatte, war Heimann Holländer. Ihm wurde im Jahre 1802 von der Universität in Frankfurt an der Oder der Titel eines Doktors der Medizin verliehen.
Im Jahre 1790 hielten sich in Teschen 46 Juden auf. Wenn man die Vororte der Teschener Kammer (der herzoglichen Güterverwaltung) hinzurechnet, waren es insgesamt ungefähr 120 Personen. Im Jahre 1837 waren es schon 327 Personen, was 5,2 Prozent der Stadtbevölkerung ausmachte. Auf Grund der neuen rechtlichen Bestimmungen durften die tolerierten Juden (im Jahre 1840 gab es in Teschen 17 solche Familien) eine wirtschaftliche Tätigkeit legal ausüben. Diese Tätigkeit wurde von der Stadtverwaltung registriert. Die Register aus den Jahren 1829 - 1848 zeichneten 56 jüdische geschäftliche Unternehmungen auf, bei denen es sich überwiegend um Handelsunternehmen gehandelt hatte. Es gab aber auch eine kleine Essigfabrik, die Goldschmidt und Löbestein gehört hatte. Jetzt entstanden einige Firmen, die man auch später gekannt haben wird, zu denen zum Beispiel der im Jahre 1816 gegründete Weinhandel der Familie Ziffer gehörte. Über den Aufenthalt vieler nicht tolerierter Juden in der Stadt beklagten sich einige Stadtbürger. Ein Urteil, das zehn Juden zum Verlassen der Stadt zwang, erging aber erst 1848. Dieser Urteilsspruch wurde dennoch nie in die Tat umgesetzt.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stabilisierte sich auch die von der Verwaltung bislang nicht anerkannte jüdische Kultusgemeinde. Im Jahre 1838 hatten die Teschener Juden mit einer Genehmigung des Kaisers selbst eine Synagoge gebaut. Bei ihr waren ein Kantor, ein Tempeldiener und ein Schächter beschäftigt. Die Behörden hatten aber weiterhin nur die jüdischen Steuereintreiber und den anerkannten Religionslehrer als Vertreter der Juden akzeptiert. Nur vor dem letzteren durften die Juden aus Teschener Schlesien eine rechtsgültige Ehe schließen. Nach dem schon erwähnten Juda Löbl Glücklich (verstorben im Jahre 1829) erfüllte diese Aufgabe Isaak Kohn (verstorben im Jahre 1849). In Teschen waren aber außerdem jüdische Privatlehrer tätig.
Während des „Völkerfrühlings“ hatte die jüdische Bevölkerung in Österreich politische Rechte erhalten. Dadurch wurde auch erstmalig ein Jude in den Teschener Stadtrat gewählt. Außerdem waren Juden zahlreich in der Teschener Nationalgarde vertreten. Die Einschränkungen über die Anzahl der Familien, denen der Aufenthalt in Teschen erlaubt war, wurden aufgehoben. Genauso wurden sowohl die speziellen Steuern für Juden wie auch das Amt des Steuereintreibers abgeschafft. Ein aus drei Personen bestehender Kultusvorstand hatte die jüdische Gemeinde aus Teschen und Teschener Schlesien vertreten. Im Jahre 1848 hatten die Behörden den ersten Rabbiner für den gesamten Teschener Kreis in seinem Amt offiziell bestätigt. Daher trug er den Titel Kreisrabbiner. Der erste Kreisrabbiner hieß Dr. Abraham Schmiedl.
Die vollständigen Bürgerrechte erhielt die jüdische Bevölkerung erst im Zuge der im Jahre 1859 begonnenen und mit dem Grundgesetz aus dem Jahre 1867 abgeschlossenen Reformen. In den Kommunalwahlen im Jahre 1861 wurde der Weinhändler Ferdinand Ziffer als Vertreter der jüdischen Bevölkerung gewählt. Von 1864 an waren vier bis fünf Juden Mitglieder des Stadtrats. Durch die fortschreitenden Assimilationsprozesse bildeten die Teschener Juden ein gemeinsames Lager mit den deutschen Liberalen. Sie standen dadurch in Opposition zu der polnischen Bevölkerungsmehrheit und der polnischen nationalen Partei. Manche jüdische Familien, wie zum Beispiel die Familie Klebinder oder Dr. Joachim Kleinberg, sympathisierten jedoch mit den Polen. In dem täglichen Leben waren ohnehin keine nationalen Gegensätze zum Vorschein getreten. In der Stadt hatten die Juden gleichwohl auf dem wirtschaftlichen Sektor eine wichtige Rolle gespielt. Die bekanntesten jüdischen Firmen waren mit der Gewinnung und Verarbeitung von Holz beschäftigt. Zu ihnen zählte zum Beispiel die Firma Josef Philipp Glesingers sowie die Fabrik der Möbel aus gebogenem Holz von Josef und Jacob Kohn. Die Fabrik war die Filiale einer Möbelfirma, die ihren Sitz zuerst in Všetin und später in Wien hatte.
Die Religionsinteressen der Teschener Juden wurden von der behördlich anerkannten Kultusgemeinde wahrgenommen, deren Satzung man im Jahre 1866 bestätigt hatte. Sie regelte alle inneren Angelegenheiten der Gemeinde, bestimmte außerdem die Grundsätze, nach denen solche Gemeindeeinrichtungen wie die Synagoge und der Friedhof zu funktionieren hatten. An der Spitze der Gemeinde stand ein Vorsteher, und ein Rabbiner war der höchste Beamte. Am längsten hatte Dr. Simon Friedmann (1858-1893) das Amt des Rabbiners ausgeübt. Anfangs umfasste die Teschener Kultusgemeinde das ganze Gebiet des Teschener Schlesiens. Später hatten sich einige Gebiete davon abgespalten und eigene Kultusgemeinden gebildet. Die Teschener Kultusgemeinde war mittlerweile geschrumpft und bestand nach 1893 nur aus den Teschener und Jablunkauer Gerichtsbezirken. Im Jahre 1910 hielten sich im Jablunkauer Bezirk 191 Juden auf, in dem Teschener Bezirk 2498, davon 2112 in Teschen selbst. Im Jahre 1902 entstanden in Jablunkau und 1903 in Trzynietz lokale Bethausvereine. Sie hatten unter der Schirmherrschaft der Gemeinde eigene Bethäuser unterhalten. Der Gemeinde gehörten auch orthodoxe Juden an. Sie waren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in immer größer werdenden Anzahl aus Galizien gekommen und hatten sich in Teschen, vor allem in der Freistädter Vorstadt (Frysztackie Przedmieście) - in den Straßen: Zamkowa, Frysztacka, Hażlaska - angesiedelt. Auch in der Höhe des Bahnhofs am linken Ufer der Olsa hatten sie ihren Wohnsitz genommen. Vom Ende des 19. Jahrhunderts an gab es in Teschen viele private orthodoxe Bethäuser. Zwei davon wurden von der Leitung der Gemeinde offiziell anerkannt. Nur ein Siebtel der jüdischen Bevölkerung der Stadt bestand aus orthodoxen Juden. Sie hatten auch lange Zeit keine formellen Gruppen gebildet und begannen sich erst Anfang des 20. Jahrhunderts zu registrieren. Der Verein zur Festigung der Religion „Machsike Hadas“ hatte eine eigene Synagoge erbaut, und der Gebets- und Wohltätigkeitsverein „Schomre Schabbos“ unterhielt ein Bethaus. Es waren in Teschen noch weitere jüdische Vereine tätig. Als erster zionistischer Verein wurde im Jahre 1908 der Jüdische Frauen- und Mädchenverein „Ruth“ registriert. Der Jüdische Volksverein begann seine offizielle Tätigkeit erst im Jahre 1909. Später hatte er die Aufgaben einer zionistischen politischen Partei ausgeübt.
Nach dem Zusammenbruch der österreichischen Monarchie und während des politischen Kampfes der neuen Staaten Polen und Tschechoslowakei in den Jahren 1918-1920 um die Zugehörigkeit des Teschener Schlesiens, hatten die Juden versucht, neutral zu bleiben. Nach 1920 hatten jedoch viele von ihnen es vorgezogen, Polen zu verlassen. Sie waren nach Wien, nach Deutschland oder nach Tschechisch Teschen umgesiedelt. Ihren Platz nahmen ärmere Juden aus Galizien ein. In der Zeit zwischen den Weltkriegen verminderte sich allmählich die Anzahl der im Teschener Kreis wohnenden Juden. Im Jahre 1921 wohnten in Teschen 1591 (10,4%) Juden, im Jahre 1930 waren es nur 1404 (8,0%). Um die Lücke zu füllen, die entstand, nachdem man der Tschechoslowakei bestimmte Gebiete zugesprochen hatte, hatte man an die Teschener Kultusgemeinde den Ort Ustroń mit seiner Umgebung angeschlossen.
In der Zeit zwischen den Weltkriegen hatten die Juden aktiv an Teschens politischen Leben teilgenommen. Anfangs sprachen sich die meisten für eine Assimilation an das Deutschtum aus. Nach 1926 war auch eine Gruppe entstanden, die sich für die Assimilation an die polnische Kultur einsetzte. Ebenfalls stark waren die Vereine der orthodoxen Juden, die stärkste Gruppe jedoch bildeten die Befürworter des Zionismus. Alle diese Gruppierungen hatten miteinander rivalisiert, zum Beispiel während der Wahlen zur Führungsspitze der Kultusgemeinde. Und dies, obwohl diese Gemeinde offiziell apolitisch war. Nach dem Tod des Rabbiners Adolf Leimdörfer im Jahre 1929 wurde Dr. Aaron Eisenstein aus Stanisławów 1931 für diese Stelle ernannt. Es war der erste Teschener Rabbiner, der in der polnischen Tradition aufgewachsen war. Als Folge harter Kämpfe innerhalb der Gemeinde zwischen den Zionisten und den Orthodoxen hatten die Behörden der Woiwodschaft (des Verwaltungsbezirkes) die Gemeindevertretung aufgelöst und einen Regierungskommissar ernannt. Stürmische Kämpfe mit einem nationalen Hintergrund tobten auch innerhalb des orthodoxen Vereins „Machsike Hadas“. Die Orthodoxen waren auch in sonstigen Vereinen, unter anderen in „Ahavas Thora“, aktiv. Dieser Verein unterhielt ein eigenes Bethaus. Es gab auch orthodoxe Schulen. Die Zionisten traten anfangs als der Jüdische Volksverein auf, und von 1926 an wirkten sie als das Lokale Komitee der Zionistischen Organisation für Westkleinpolen und Schlesien. Die Mehrheit der in Teschen lebenden Juden fühlte sich als loyale Bürger des polnischen Staates. Ebenso besuchte die Mehrheit der jüdischen Jugend polnische Schulen, so dass sie sehr schnell unter den Einfluss der polnischen Sprache und Kultur gelangte. Ferner hatten die Juden auch an den Aktivitäten anderer in der Stadt wirkenden Vereine teilgenommen, und die Zusammenarbeit mit anderen Bürgern der Stadt entwickelte sich erfreulich positiv. Es war schon zum Beispiel zur Tradition geworden, dass viele jüdische Mädchen in der von den Ordensschwestern Borromäerinnen geführten Schulanstalt ihre Ausbildung absolvierten. Nur ein Teil der polnischen Zeitungen sowie der politischen Parteien war den Juden gegenüber feindselig eingestellt. Sie hatten dann die Parolen des wirtschaftlichen Boykotts verbreitet. Nur sporadisch war es zu offenen antijüdischen Auftritten (in den Jahren 1924, 1931 und 1934) gekommen. Zu den Rädelsführern dieser Demonstrationen gehörten in der Regel die Aktivisten der Partei der Nationalen Demokraten sowie Studenten der Landwirtschaftlichen Fachhochschule.
Die jüdische Bevölkerung , die jenseits des linken Olsaufers gewohnt hatte, erfuhr in ihrem Leben noch größere Veränderungen. Dieser Stadtteil wurde nämlich im Jahre 1920 zu der Stadt Tschechisch Teschen in dem Staate Tschechoslowakei. Im Jahre 1921 hielten sich in dem Tschechisch Teschener Bezirk 1444 (2,0%) Juden auf, davon die meisten - 1021 (12,6%) - in Tschechisch Teschen selbst. Das einzige Kultgebäude in Tschechisch Teschen war das Bethaus des orthodoxen Vereins „Schomre Schabbos“. Die restlichen Kultbauten blieben im polnischen Teil der Stadt. Der Anstoß, eine selbständige Kultusgemeinde in Tschechisch Teschen zu bilden, deren Grenze mit der Staatsgrenze verliefe, kam von den tschechoslowakischen Behörden. Dies war jedoch erst im Jahre 1923 geschehen.
Die neue Gemeinde, die den ganzen Tschechisch Teschener Bezirk umfasste, war relativ zahlreich. Im Jahre 1930 lebten dort 1539 Juden, die meisten davon - 1148 (10,8 %) Personen - in Tschechisch Teschen selbst. Die größte Konzentration der jüdischen Gläubigen war in Jablunkau und Trzynietz zu verzeichnen. Dort gab es auch weiterhin Betvereine mit eigenen Bethäusern und eigenen Friedhöfen . In Tschechisch Teschen lag anfangs die Macht innerhalb der Kultusgemeinde in den Händen der Befürworter der Assimilation an das Deutschtum, und die Amtssprache war Deutsch. Sehr schnell jedoch gewannen die lokalen Orthodoxen und diejenigen Personen, die sich der Zusammenarbeit mit den Machthabern der Tschechoslowakei geöffnet hatten, an Einfluss. Erst im Jahre 1925 wurde Dr. Ernst Baas zum Rabbiner der Gemeinde ernannt. Die Grundlagen für das Funktionieren der Gemeinde wurden nach und nach in den kommenden zehn Jahren geschaffen. In Tschechisch Teschen befanden sich bereits 1934 im Wirkungsbereich der Kultusgemeinde eine Gemeindesynagoge, zwei private orthodoxe Synagogen sowie ein privates Bethaus (im nächsten Jahr gab es schon zwei davon). Außerdem gab es eine private Synagoge in Trzynietz und ein Bethaus in Jablunkau. Die Schule „Talmud-Thora“, geleitet von einem separaten Verein, und eine orthodoxe Chederschule hatten ihren Betrieb aufgenommen. Außerdem wirkten in der Gemeinde einige Wohltätigkeits- und einige zionistische Vereine. In den Wahlen zur Kommunalverwaltung waren die Tschechisch Teschener Juden zuerst zusammen mit den Deutschen, später zusammen mit den dort ansässigen Polen aufgetreten. Viele von ihnen hatten sich jedoch zu der tschechischen Kultur bekannt und wirkten in tschechischen Vereinen. Die Trennung von der deutschen Kultur wurde auch durch die Tatsache beschleunigt, dass jüdische Kinder tschechische Schulen besucht hatten. Im allgemeinen waren die Beziehungen zu anderen Bürgern gut.
Nachdem die beiden Stadtteile im Oktober 1938 vereint worden waren, wohnten in Teschen insgesamt ungefähr 2800 Personen des jüdischen Glaubens (ca. 1500 im polnischen und ca. 1300 im tschechischen Teil der Stadt). Bald begannen dann jüdische Flüchtlinge aus Österreich, später aus Böhmen und Mähren in die Stadt zu strömen. Nachdem die Stadt im September 1939 von den Nazis eingenommen worden war, wurden die Synagogen und die Bethäuser geschlossen, später zum größten Teil in Brand gesetzt und dadurch zerstört. Die jüdischen Friedhöfe wurden ebenfalls geschlossen. Im Oktober 1939 im Rahmen der sogenannten „Aktion Nisko“ hatte man die meisten Männer in ein sogenanntes Durchgangslager bei Nisko gebracht. Die restlichen mussten Zwangsarbeit verrichten. Man hatte sie in Kasernen untergebracht und von dort wurden sie schrittweise in verschiedene Ghettos und Arbeitslager nach Oberschlesien und Kleinpolen deportiert.
Nach dem Krieg kehrten ungefähr 50 Juden nach Teschen zurück, genau so viele nach Tschechisch Teschen. Einige Zeit wirkte wieder in Teschen die Kongregation des Jüdischen Glaubens. Die meisten ihrer Mitglieder sind jedoch bis zum Jahre 1951 nach Israel oder in andere Länder ausgewandert. Die wenigen übriggebliebenen wurden dann Mitglieder der Kongregation mit Sitz in Bielitz-Biala . Diese Bielitzer Kongregation des Jüdischen Glaubens war dann auch als Erbin des Vermögens der Teschener Kultusgemeinde anerkannt worden. In Tschechisch Teschen hatte der Verein „Schomre Schabos“ seine Tätigkeit zunächst wieder aufgenommen, hörte aber bald auf, da seine Mitglieder ebenfalls ausgewandert waren. Das gleiche Schicksal erlitt die Tschechisch Teschener Kultusgemeinde. Die wenigen Juden aus Tschechisch Teschen und aus der Umgebung gehören heute der Kultusgemeinde in Ostrau an.