Orthodoxes Bethaus (ul. Odboje 4)
Die jüdische Bevölkerung in Tschechisch Teschen war von Anfang an ganz differenziert. Die bedeutende, gelegentlich überwiegende Mehrheit stellten aber die Befürworter des orthodoxen Judaismus dar. Sie waren von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an in einer immer größer werdenden Anzahl mit der Bahn aus Galizien gekommen und siedelten sich meistens in der Nähe des Bahnhofs an. Bereits in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts hatten sie eigene Bethäuser, anfangs in provisorischen Behelfshäusern, eingerichtet. Vom Anfang des 20. Jahrhunderts an jedoch bestand schon in der Mervillegasse 4 (heute: Odboje) ein jüdisches Bethaus, in dem rituelle Zeremonien stattfanden, zum Beispiel anlässlich der Geburt eines Kindes. Dieses Bethaus wurde von dem Gebets- und Wohltätigkeitsverein „Schomre Schabbos“ (die Wächter des Sabbats) geführt. Die Satzung des Vereins wurde im Jahre 1911 bestätigt und die Ziele des Vereins waren: ein Bethaus, ein rituelles Bad und das Tempelpersonal zu unterhalten, sowie täglich Gebete zu sprechen. Im erstem Stockwerk des Hauses, das später in Eigentum des Vereins überging, war ein Saal eingerichtet, der diesen Zielen des Vereins diente.
Die Bedeutung des Bethauses in der Odboje-Straße 4 war nach der Teilung der Stadt im Jahre 1920 erheblich gestiegen, da es sich dabei um die einzige jüdische Kultstätte auf der linken Seite von Olsa handelte. Dank einer Vereinbarung zwischen der Tschechisch Teschener Kultusgemeinde und dem Vorstand des Vereins stand das Bethaus einige Jahre der gesamten Gemeinde zur Verfügung. Nachdem im Jahre 1928 der Verein „Schomre Schabbos“ eine eigene Synagoge erbaut hatte, wurde der Kaufmann Moses Löbl May, in jenem Jahr der Vorsitzende des Vereins, zum Eigentümer des Hauses in der Odboje-Straße 4. Weiterhin war jedoch in diesem Gebäude eine Schule für Religion und für die hebräische Sprache untergebracht.
Wenn wir die Odboje-Straße weitergehen, erreichen wir den Hauptmarktplatz (Náměstí ČSA) in Tschechisch Teschen. Hier hatten auch einige, in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts erbaute, Stadthäuser jüdische Vorbesitzer. Als Beispiel kann das Haus Nr. 18 von Emil Hochwälder dienen. Wir biegen rechts ab und gehen die Štefánikova-Straße weiter. Dann biegen wir in die zweite Straße auf der rechten Seite ab. Es ist die Božkova-Straße.