Romanische St.-Nikolaus- Rotunde
Die Rundkirche ist das erste gemauerte sakrale Objekt im Teschener Schlesien. Es ist auch eines der wenigen so gut erhaltenen romanischen Denkmäler in Polen. Einer Sage nach wurde die Kirche an der Stelle eines Tempels der heidnischen Göttin des Todes und des Winters namens Marena (Marzanna) gebaut. Keine Sage, sondern archäologische Erkenntnisse belegen den Zeitpunkt, zu dem die Kirche entstanden war. Es geschah nämlich im 11. Jahrhundert. Das Kirchengebäude besteht aus einem Schiff mit einem runden Grundriß und einer halbrunden Apsis auf der Ostseite. Auf der Westseite des Kirchenschiffes befindet sich eine Empore, die auf drei Säulenarkaden abgestützt ist. Die Empore wurde im 20. Jahrhundert rekonstruiert, da aus der ursprünglichen nur die Sockel und die Säulenschäfte erhalten geblieben waren. Man gelangt von dem Schiff auf die Empore durch eine einläufige Treppe aus Stein, deren Stufen teilweise in die Mauer eingelassen sind. An dieser Stelle ist die Mauer 1,75 m dick, ansonsten beträgt die durchschnittliche Dicke der Schiffsmauer 1,25 m. In dem Eingang von der Treppe zur Empore befindet sich ein zugemauertes Portal, das früher den Eingang zur Pfalz des Kastellans geschmückt hatte. Die Empore war auch für den Kastellan bestimmt. In der Apsis befindet sich eine Altarplatte mit einer Öffnung für Reliquien oder heilige Öle. In der Südwand ist eine Nische mit einer Umrahmung aus Ziegeln sichtbar. Sie war für heilige Öle vorgesehen. Neben ihr sind drei Öffnungen zum Löschen der Kerzen zu sehen. In der Apsis gibt es zwei romanische Fenster, außerdem lassen zwei Spaltfenster Licht zur Beleuchtung des oberen Teils des Schiffes durch. Auf dem sogenannten Regenbogen, der die Apsis von dem Schiff trennt, wurden Spuren einer gotischen Malerei entdeckt.
Die Rotunde ist aus Bruchstein gebaut worden, und als Verkleidung benutzte man Quadersteine aus Kalk. Die Steine wurden in regelmäßigen Schichten verlegt. Es gibt einhundertvier Schichten in dem Schiff und sechsundfünfzig in der Apsis. Das Schiff hat einen Durchmesser von 6,4 bis 6,6 Meter innen und 9,3 Meter außen. Die Tiefe der Apsis beträgt 1,5 Meter. Über dem Schiff befindet sich eine Kuppel aus Steinen, die konzentrisch angeordnet sind. Die Innenwände des Schiffes gehen in das Gewölbe auf eine fast unmerkliche Weise über. Das Schiff ist 13 Meter und die Apsis 6,8 Meter hoch.
Anfangs diente die Rotunde als Burgkapelle und als Kirche für die Bewohner der Siedlung am Fuße der Burg. Aus dieser Siedlung entwickelte sich später die Stadt Teschen. In den schriftlichen Dokumenten wird die Rundkirche erstmalig im Jahre 1223 als St.-Nikolaus-Kapelle erwähnt. Sie war nämlich verpflichtet den Zehnten zugunsten des Klosters der Norbertanerinnen in Rybnik zu zahlen, und dies wurde damals schriftlich festgehalten. Nachdem das Teschener Herzogtum entstanden war und nachdem die Herrscher aus dem Piastengeschlecht ein gemauertes gotisches Schloß errichtet hatten, wurde die Rotunde in die Schloßanlage einbezogen. Das Niveau des Innenraums hatte man um zwei Meter erhöht und die romanischen Fenster in der Apsis zugemauert. An Stelle der romanischen Fenster wurden dann größere im gotischen Stil angefertigt. Als im Jahre 1484 die Kapelle und das Schloß brannten, waren wahrscheinlich das Dach und die Innenausstattung den Flammen zum Opfer gefallen. Im Jahre 1495 stiftete der Plesser Pfarrherr Wenzel Hynal einen Altar für die Kirche. Er widmete den Altar der Göttlichen Vorsehung, der Jungfrau Maria, Johannes dem Täufer, dem heiligen Erasmus und dem heiligen Wenzel. Das war der Grund, warum man später versucht hatte, den heiligen Wenzel als den Schutzheiligen der Rotundenkirche einzuführen. In der Zeit der Reformation hatten die protestantischen Pastoren und Prediger die Funktion des Schloßkaplans ausgeübt, in dessen Obhut sich die Kapelle befand.
Nachdem die Piastendynastie ausgestorben war, verlor die Rotundenkirche ihre Funktion als Schloßkapelle. Auf dem Schloß hielten sich damals die Verwalter der sogenannten Teschener Kammer (das heißt der herzoglichen Güterverwaltung der Habsburger) auf, und sie beachteten die Rundkirche wenig. Nur zweimal im Jahr fanden dort Gottesdienste statt, und zwar an den Tagen der Schutzheiligen Sankt Nikolaus und Sankt Wenzel. An den restlichen Tagen des Jahres diente die Rotundenkirche als Lager für Werkzeug, das für die sogenannten Gottesgerichte gebraucht wurde. Gelegentlich hatte man dort auch Waffen aufbewahrt. Tiefgreifende Änderungen traten erst ein, nachdem Erzherzog Karl von Habsburg als Lehnsherr des Teschener Herzogtums, begonnen hatte, das Teschener Schloss in eine Sommerresidenz umzubauen. Die Rotundenkirche, die bereits teilweise im Erdboden versunken war, wurde bis zur Hälfte zugeschüttet, ihr oberer Teil mit Ziegeln verkleidet, die Fenster vergrößert und die Fassade nach klassizistischer Manier unterteilt. Durch diese Maßnahmen war ein Gebäude entstanden, das dem neuen Aussehen des Schlosses im Stil angepaßt war. Die Schloßumbauten fanden nach Entwürfen des Wiener Architekten Josef Kornhäusel statt. In der Rotundenkirche wurde zudem ein neugotischer Altar aus Holz mit einem Bildnis des heiligen Wenzel aufgestellt. All diese Änderungen begann man erst während des Zweiten Weltkrieges wieder zu beseitigen. Man entfernte den Innen- und den Außenputz und legte den Fußboden bis zu seinem einstigen Niveau frei. Die entgültige Rekonstruktion wurde dann in den Jahren 1947–1955 durchgeführt. Es kamen wieder die ursprünglichen Fenster, die Reste der Empore und auch die Altarplatte zum Vorschein. Im Jahre 1955 wurde die Empore restauriert. Seit den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts finden dort wieder am Tag des Schutzheiligen der Kapelle, das heißt am St.-Nikolaus-Tag, Gottesdienste statt.
Es ist durchaus empfehlenswert, die Besichtung der Teschener Kirchen dadurch zu ergänzen, daß man auf den Piastenturm hinaufklettert. Das Panorama beider Stadtteile und somit die meisten sakralen Objekte sind dann von der Aussichtsterrasse des Turmes direkt sichtbar. Im Südosten sehen wir zudem das Theatergebäude. Es wurde an der Stelle gebaut, wo früher die alte Maria-Magdalena-Pfarrkirche gestanden hatte. Die Kirche wurde erstmalig in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts urkundlich erwähnt, obwohl sie an dieser Stelle schon vor diesem Zeitpunkt gestanden hatte. Später, und zwar im Jahre 1496, wurde an Stelle der Holzkirche eine gemauerte errichtet. Sie fiel dann im Jahre 1789 während eines großen Stadtbrandes den Flammen zum Opfer.
Wir verlassen jetzt den Turm und auch den Schloßberg. Am Fuße des Schloßberges biegen wir links in die Schloßstraße (ul. Zamkowa) ab, gehen über die Bahngleise und kommen dort, wo die Freistädter (ul. Frysztacka) und Haslacher (ul. Hażlaska) Straßen zusammenlaufen, zur St.-Georg-Kirche.