Teschener Frühlingsblume
Nicht jede Stadt oder Region kann sich einer Pflanze rühmen, die typisch für sie ist. Cieszyn hat eine solche Blume, deren Name auch noch von dem Stadtnamen herkommt. Es ist die Teschener Frühlingsblume - Hacquetia epipactis. Die Grüne Schaftdolde blüht als eine der ersten Blumen im Frühling, noch ehe die Bäume Blätter bekommen, und ehe sich der Großteil der Bodenvegetation entwickelt hat. Anfang März (obwohl man auch beobachtet hatte, daß die Grüne Schaftdolde schon in der zweiten Februarhälfte blühte) erscheinen auf einem bis zu zwanzig Zentimetern langen Stengel gelbgrüne Blütenstände. Es sind Blütenstände und keine Blüten, weil die Grüne Schaftdolde zu den Doldengewächsen gehört und eine typische Dolde bildet. Bei dem, was man üblicherweise für eine Kronenblüte hält, handelt es sich um eine Blütenhülle, die aus grünen Deckblättern, das heißt umgeformten Blättern, gewöhnlich in der Anzahl von fünf bis sieben, entstanden ist. Die eigentlichen Blüten sind sehr klein, gelb und füllen das Innere der Dolde. Die handförmigen Blätter auf langen Stielen erscheinen erst später. Die Teschener Frühlingsblume verblüht ziemlich schnell und bildet bereits im Mai oder Juni Früchte. Im Sommer sieht man nur Haufen von Blättern, die in der Krautschicht des Waldes schwer auszumachen sind. Die Grüne Schaftdolde wächst auf fruchtbarem Kalkboden vor allem in den Eichen-Hainbuchen-Wäldern. Um diese Pflanze zu schützen wurden die Teschener Naturschutzgebiete der „Stadtwald am Punzbach“ und der „Stadtwald an der Olsa“ ausgewiesen. Man kann die Teschener Frühlingsblume auch in dem Naturschutzgebiet „die Hügel“ antreffen und in einigen kleinen Wäldern. Sie wird auch sehr gerne in den Gärten gepflanzt, und sie gehört zu den Lieblingsgartenpflanzen der Teschener Bürger. An ihren natürlichen Standorten wächst die Grüne Schaftdolde ausschließlich in Europa, und zwar in zwei Regionen, die voneinander entfernt und isoliert sind. Im Süden wächst sie an dem östlichen Alpenrand, nämlich in der Steiermark und in Kärnten in Österreich und außerdem in Slowenien, Kroatien und Bosnien. Der nördliche Standort der Grünen Schaftdolde befindet sich in Mähren, dann am westlichen Rand der Westkarpaten und im östlichen Teil der Slowakei. In diesen zwei Regionen hatte die Pflanze die Vereisung während des Pleistozäns überdauert. Von den Botanikern wird die Grüne Schaftdolde als Wander-Reliktpflanze bezeichnet. Heute kommt sie nur in der Gegend von Cieszyn und in Teschener Schlesien relativ zahlreich vor.
Die Teschener Frühlingsblume ist das Motiv einer schönen Legende. Ihre Samen sollten von einem Soldaten in einem Säckchen mit der Heimaterde nach Cieszyn gebracht worden sein. Höchstwahrscheinlich durch diese Überlieferung wurde die Pflanze zum Symbol der Heimatliebe. Sie ist fest in der Kultur der Region und im Bewußtsein ihrer Bewohner „verwurzelt“. Zeichnungen oder Fotografien der Blüten, oder besser der Blütenstände, der Grünen Schaftdolde werden häufig in zahlreichen Veröffentlichungen als Symbol des Teschener Schlesiens genutzt. Das Bild der Blüte dient als Erkennungsmerkmal verschiedener Vereine, Verlage oder Veranstaltungen. Die Selbstverwaltungsorgane der Städte und Gemeinden im Teschener Land verleihen seit einigen Jahren den Bürgern für ihre besondere Verdienste die „Goldenen“ oder „Silbernen Teschener Frühlingsblumen“.