Zeit zwischen den Weltkriegen
Die Teilung der Stadt im Juli 1920 bedeutete eine riesige Veränderung für beide Stadtteile. Viele Einwohner von Cieszyn waren nach Österreich oder Deutschland ausgereist, an ihre Stelle waren Bürger aus Polen oder aus den tschechischen Gebieten gekommen. Jetzt erwartete die beiden Teile einer bislang homogenen Stadt ein schwieriger Integrationsprozeß in die neuen Nationalstaaten und die Aufgabe, andere wirtschaftliche Bindungen von Grund an neu aufzubauen. Im Jahre 1921 zählte Cieszyn mehr als fünfzehntausend Einwohner, und im Jahre 1938 waren es schon 18,5 tausend. Es waren viele Jahre vergangen, ehe in dem polnischen Teil eine von Český Téšín unabhängige Infrastruktur aufgebaut wurde. Erst in der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre begann Cieszyn, sich wieder zu entwickeln. Man hatte neue Verbindungen geknüpft, vor allem mit dem Rest der schlesischen Woiwodschaft, der die Stadt von 1922 an angehörte. Diese jetzt erforderliche Neuausrichtung war unter anderem dank der im Jahre 1934 erbauten Bahnlinie nach Zebrzydowice (Seibersdorf) möglich. Anderseits hatte Cieszyn den Vorteil, daß die meisten Gebäude der städtischen Einrichtungen auf der polnischen Seite verblieben waren. Diese Tatsache hatte der neuen polnischen Verwaltung erleichtert, die Macht in der Stadt zu übernehmen. Nach 1922 regierte in Cieszyn der durch Wahlen bestimmte Stadtrat, in dem die Polen die Mehrheit hatten, der aber die Interessen der deutschen Minderheit achtete und berücksichtigte. Zum Wohl der Stadt, die sich jetzt in einer schwierigen Lage befand, hatten sowohl die Polen wie auch die Deutschen und die Juden einvernehmlich zusammengearbeitet.
Viel größere Veränderungen erlebte der am linken Olsaufer gelegene Stadtteil, da er bislang nur eine Industrievorstadt war. Innerhalb von mehr als nur einem Dutzend Jahre wurde Český Těšín in eine selbständige Stadt umgewandelt, die alle erforderlichen Einrichtungen mit den dazugehörigen Objekten sowie eine eigene Infrastruktur erhielt, wie zum Beispiel neue Schulen oder das im Jahre 1929 errichtete Rathaus. Die Anzahl der Häuser in der Stadt verdoppelte sich, die Einwohnerzahl war von achttausend im Jahre 1921 auf zehneinhalbtausend im Jahre 1931 angewachsen. Die meisten Menschen, die dort lebten, bekannten sich zum Deutschtum, in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen vergrößerte sich aber auch die Zahl der dort wohnenden Tschechen und Polen. An der Spitze der Stadtverwaltung stand der Bürgermeister Józef Kożdoń. Český Těšín war ein wichtiger Mittelpunkt der polnischen Minderheit, da hier die polnischen Schulen und die wichtigsten polnischen Organisationen ihren Sitz hatten. Die Bürger beider Städte gingen weiterhin verschiedenen sozialen und gesellschaftlichen Tätigkeiten nach. In jeder waren zum Beispiel über hundertfünfzig Vereine tätig. Nachdem im Oktober 1938 das sogenannte Olsaland an den polnischen Staat angeschlossen worden war, wurden beide Städte wieder vereint. Das Rathaus in Český Těšín wurde dann zum Sitz der Stadtverwaltung, und man nannte diesen Stadtteil jetzt Westteschen. Dieser Zustand blieb auch während des Zweiten Weltkrieges bestehen, als Cieszyn ins Deutsche Reich eingegliedert wurde. Alle wichtigen Posten hatten die Neuankömmlinge aus dem Deutschen Reich übernommen, die nichtdeutsche Bevölkerung war verschiedentlichen Repressalien ausgeliefert, viele Polen wurden öffentlich hingerichtet, zum Beispiel im Jahre 1942 bei der Walkmühle (Pod Wałką), die Juden in die Konzentrationslager deportiert, wo die meisten umgekommen waren, und ihre Gebetshäuser wurden zerstört. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war der Rechtszustand aus dem Jahre 1937 für Cieszyn und Český Těšín wieder eingesetzt worden.